Die Grafik zum Kindl-Moment mit Ski Aggu.
Fans | 23. Juni 2024, 11:31 Uhr

Dieser Moment, als ich Herthaner wurde

War es der erste Schal, den eure Eltern euch auf dem Weg zum Spiel gekauft haben? War es der erste durchs Olympiastadion hallende Hertha-Fangesang, der euch nachhaltig beeindruckt hat? Oder doch die Kunststücke einzelner Blau-Weißer auf dem grünen Rasen – von Ete Beer über Marcelinho bis hin zu Marko Pantelić? Jede Herthanerin und jeder Herthaner hat einen eigenen Weg in unsere blau-weiße Familie. Gemeinsam mit Exklusiv-Partner Berliner Kindl sucht unser Hauptstadtclub genau diese Geschichten – diesen Moment, als ihr Herthaner geworden seid.

Hertha mit Stolz vertreten

Selbstsicher steht Ski Aggu auf der Bühne. Das Mikro in der Hand, sein Erkennungszeichen, die Skibrille vor den Augen, über die blondierten Haare gezogen. Während er seine Tracks performt und dem schwitzenden Publikum einheizt, trägt der Rapper ein Fußballtrikot. Keins aus Paris, Barcelona oder Miami, sondern ein blau-weißes von Hertha BSC. Der Artist, der im Vorjahr Auszeichnung um Auszeichnung als bester Newcomer gewonnen und sich seinen Status als große Hip-Hop-Nummer verdient hat, ist bekennender Herthaner. „Ich rappe über alles, was in meinem Leben abgeht. Und dazu gehört der Verein, der Teil meiner Identität ist. Ich represente meine Gegend, aus der ich komme und halte die Hertha-Fahne stolz hoch“, sagt der gebürtige Wilmersdorfer, der mit bürgerlichem Namen August Jean Diederich heißt.

Knapp zwei Jahrzehnte bevor die Künstlerkarriere richtig Fahrt aufgenommen hat, fand Diederich seinen Weg ins Olympiastadion. „Als West-Berliner hatte ich nie eine andere Wahl. Meine ersten Erinnerungen sind, dass ich als kleiner Junge mit meinem Onkel zu Hertha gehe und er mich hochhebt beim Torjubel. Da müsste ich etwa vier Jahre alt gewesen sein“, erzählt er. „Bei der Mannschaftsaufstellung haben wir die Namen zusammen gelernt, damit ich Marcelinho oder Dárdai mitschreien konnte.“ Als Teenager und junger Erwachsener verstärkte sich die Verbindung zu Hertha, statt mit dem Onkel ging es mit den Kumpels ins weite Rund. Prägend war in dieser Hinsicht die Spielzeit 2008/09, in der unsere Alte Dame von der Meisterschaft träumen durfte. „Als wir dann die Champions League verspielt haben, war das schon brutal“, erinnert er sich.

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Ich hatte nie eine andere Wahl.
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-Ski Aggu

Ski Aggu posiert im schwarzen Sondertrikot.

Durch Höhen und Tiefen

Doch weder diese Enttäuschung noch die folgenden Abstiege ließen den Berliner weniger enthusiastisch auf unseren Hauptstadtclub blicken. „Ronny in der 2. Liga mit seinem Schuss – das war schon geil. Irgendwie konnte man daran Gefallen finden“, sagt der 26-Jährige. Darüber rappt sein Alter Ego beispielsweise auch im Song „Broker“, dort heißt es: „Nächster Tag verkatert, geh‘ zu Hertha mit den Atzen“.

Inzwischen – nach der Veröffentlichung zweier Alben und diverser Singles – ist es für Ski Aggu schwieriger geworden, jede Partie seiner Herthaner live zu verfolgen. „Ich probiere trotzdem so oft wie möglich ins Stadion zu gehen – und wenn es jedes zweite Heimspiel ist.“ Der Terminkalender ist prall gefüllt: Im Vorjahr spielte der Rapper seine ausverkauften Shows nicht nur in Berlin, sondern auch auf Festivals oder bei Clubkonzerten in München, Hamburg oder Köln. Im Frühjahr weilten der Wortakrobat und sein Team in Los Angeles, um an neuer Musik zu feilen. Dazwischen: Texte schreiben, Proben, Promo-Termine. Wie groß der Hype um ihn ist, zeigt die Tatsache, dass die Max-Schmeling-Halle für das Konzert im Oktober 2024 schon seit Monaten restlos ausverkauft ist.

Das denkwürdige 8:6 nach Elfmeterschießen gegen den Hamburger SV erlebte der Herthaner vor Ort mit. „Das war eines der geilsten Spiele, die ich jemals gesehen habe. Wahnsinn!“ Ohnehin blickt der Hobbyfußballer, der einst für den FC Internationale spielte und sich selbst augenzwinkernd als ähnlich effektiv wie Haris Tabaković bezeichnet, mit positiven Gefühlen auf die vergangene Spielzeit. „Natürlich ist es schade, dass es nicht zum Wiederaufstieg gereicht hat. Aber dennoch war es eine schöne Saison, es hat endlich wieder Spaß gemacht, zu Hertha zu gehen“, berichtet der Musiker und beschreibt genauer: „Man hatte das Gefühl, dass eine Mannschaft auf dem Platz steht, die zusammenhält. Auch Spieler und Fans waren wieder eine Einheit. Wir hoffen, dass wir diesen Weg mit jungen Talenten aus der Akademie weitergehen und in Erfolge ummünzen.“ Hoffnungen setzt er auch auf Fabian Reese. „Fabi und ich sind jetzt Kumpels. Wir sind Atzen, schreiben häufiger und sind auch verabredet auf ein Bierchen. Er trinkt natürlich ein alkoholfreies.“

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Es wäre eine krasse Ehre für mich, wenn ich eines Tages ein Lied veröffentliche, das die Ostkurve feiert.
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-Ski Aggu

Ski Aggu am Tisch in einer Kneipe.

Blau-weiße Zukunftspläne

Mit seiner Vision für die kommende Saison spricht der Blondschopf den Hertha-Fans natürlich aus der Seele. Und wie sehen seine eigenen Pläne aus? Lassen sich Fußball und Musik sogar irgendwann verbinden? „Es wäre eine krasse Ehre für mich, wenn ich eines Tages ein Lied veröffentliche, das die Ostkurve feiert. Aber ich bin da vorsichtig, habe großen Respekt vor der Kurve und möchte niemanden verärgern. Es müsste ein Lied und vor allem eine Art und Weise sein, mit der alle cool sind“, sagt Ski Aggu. Vielleicht wäre ja sogar ein Feature mit den Kollegen $oho Bańi oder Luvre47 vorstellbar, sozusagen drei blau-weiße Markenbotschafter in einem Track. „Das wäre mal eine coole Idee, die wir angehen sollten“, sagt der Artist, der aber noch eine weitere Idee hat. „Eine Skibrille von der Alten Dame und mir“, sagt er grinsend, „das wäre ein großer Traum. Mein Gruß geht auf jeden Fall raus an alle Hertha-Fans.“ Die in den Konzerthallen, aber ganz gewiss auch die im Stadion.

Beim abschließenden Heimspiel unserer Profis gegen Kaiserslautern, das ganz im Zeichen der 90er-Jahre stand, feierte auch unser legendäres Stadionmagazin „Wir Herthaner“ sein Comeback. Auch dieser Text erschien dort zuerst. Die Mehrzahl der gedruckten Exemplare ging bereits über die Ladentheken – doch wir haben noch eine geringe Stückzahl an Heften auf Lager, die ihr online sowie in allen Fanshops erstehen könnt. „Wir Herthaner“ kostet, passend zum Spieltagsaufhänger, 4 DM – also 2 Euro in heutiger Währung.

von Florian Waldkötter