Präsident Fabian Drescher im Interview.
Club | 20. Mai 2024, 16:00 Uhr

„Der Berliner Weg steht über allem“

Ereignisreiche und bewegte Monate liegen hinter Hertha BSC. Unser Verein musste den Schock über den unerwarteten Tod von Präsident Kay Bernstein verkraften, gleichzeitig aber trotzdem handlungsfähig bleiben, den eingeschlagenen Berliner Weg fortführen und wichtige Entscheidungen im personellen Bereich treffen. „Der Berliner Weg steht über allem. Es geht nicht um einzelne Beschlüsse oder Personen, sondern stets um die Frage: Was ist das Beste für Hertha BSC?“, erläutert Fabian Drescher. Für unseren kommissarischen Präsidenten und alle anderen, die es mit unserer Alten Dame halten, steht nun noch ein wichtiger Termin an: Die Mitgliederversammlung am 26. Mai. Eine Veranstaltung, auf die sich der 41-Jährige schon sehr freut. „Ich finde es immer schön, bei diesen Versammlungen mit den Herthanerinnen und Herthanern ins persönliche Gespräch zu kommen – eben nicht nur von der Bühne aus, sondern auch im Vorfeld und im Anschluss. Wir spüren ein großes Vertrauen der Mitgliedschaft und werden den eingeschlagenen Weg gemeinsam konsequent weitergehen“, unterstreicht Drescher. Im Interview mit herthabsc.com spricht er über die vergangenen Monate, Veränderungen in seiner eigenen Rolle und wichtige Entscheidungen im personellen Bereich.

herthabsc.com: Fabian, bewegte Wochen und Monate liegen hinter unserem Verein, der nach dem unerwarteten Tod von Kay Bernstein unter Schock stand, aber dennoch Mittel und Wege finden musste, die Arbeit in allen Bereichen zeitnah wieder aufzunehmen. Wie hast du als kommissarischer Präsident die Entwicklungen erlebt? Wo lagen eure inhaltlichen Schwerpunkte im Gremium?
Drescher: Der 16. Januar war für uns alle eine Zäsur. Wir haben mit Kay einen Präsidenten verloren, den es so bei Hertha BSC noch nie gegeben hat. Eine außergewöhnliche, einzigartige Persönlichkeit, die auf so vielen Ebenen nicht zu ersetzen ist. Auf familiärer Ebene, auf freundschaftlicher Ebene – und natürlich auch auf Vereinsebene. Nichtsdestotrotz mussten wir nach einer Trauer- und Schockphase in Kays Sinne und im Sinne des Berliner Weges weitermachen. Wir haben uns bei der folgenden ordentlichen Präsidiumssitzung darauf eingeschworen, diesen Weg gemeinsam weiterzugehen. Wir können und wollen Kay nicht als Persönlichkeit ersetzen, können ihn nicht kopieren. Aber wir alle tragen die Vision in uns, die wir gemeinsam erarbeitet haben und die ich auf meine Art und Weise weitergeben möchte. So haben wir die Zuständigkeiten im Präsidium auf mehrere Schultern verteilt und die verschiedenen Ausschüsse neu besetzt. Als kommissarischer Präsident habe ich dabei im Wesentlichen die Aufgaben übernommen, die Kay zuvor innehatte. So werden wir bis zur kommenden Wahl im November weiterarbeiten. 

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Wir haben uns gut gefunden und sind im Präsidium mittlerweile ein eingespieltes Team. So werden wir unseren Aufgaben zusammen zum Wohle von Hertha BSC nachkommen. 
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-Fabian Drescher

herthabsc.com: Du sprichst es an: Ihr habt gemeinsam entschieden, eure Aufgaben zu siebt fortzuführen und an der Präsidiumswahl im Herbst festzuhalten. Was waren die wichtigsten Gründe dafür? Wie erlebst du eure Zusammenarbeit?
Drescher: Natürlich haben wir mehrfach darüber diskutiert, ob es sinnvoll wäre, die Wahl aufgrund von Kays Tod vorzuziehen. Wir sind aber zu dem Schluss gekommen, dass es im Sinne der Kontinuität und des Vereins am besten ist, die Wahl nicht vorzeitig durchzuführen. Auch, um eine ruhige Sommerpause im Hinblick auf die Saisonvorbereitung zu gewährleisten. Satzungsgemäß besteht das Präsidium aus sieben bis neun Leuten – eine Nachwahl findet erst statt, wenn weniger Mitglieder vorhanden sind. Wir sind zu siebt, haben uns gut gefunden und sind mittlerweile ein eingespieltes Team. Außerdem haben wir durch Nachwahlen im vergangenen November ja erst drei neue Präsidiumsmitglieder bekommen, die sich sehr gut eingearbeitet haben. So werden wir unseren Aufgaben zusammen zum Wohle von Hertha BSC nachkommen. 

herthabsc.com: Wie hat sich deine eigene Rolle in den vergangenen Monaten verändert? 
Drescher: Ich bin ehrlich: ich habe ein paar Wochen gebraucht, um mich neben der Verarbeitung dieses unfassbaren Schicksalsschlags in die neue Rolle des komissarischen Präsidenten einzufinden. Inzwischen kann ich sagen: Ich bin angekommen und werde die Aufgaben in meinem Stil im Sinne des Berliner Weges weiterführen. Dazu gehört ein offenes Ohr sowohl für alle Mitglieder, Fans auch für alle Mitarbeitenden zu haben, genauso dazu wie Entscheidungen zum Wohle unseres Vereins zu treffen. Außerdem ist mir die Implementierung des e. V. in den unterschiedlichen Arbeitsgruppen wichtig, in denen auch unsere aktiven Fans vertreten sind. Ich möchte mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Präsidium das Miteinander von ihnen, von der Geschäftsstelle und vom e. V. stärken. Das Pflegen dieser Gemeinschaft ist darüber hinaus auch ein zentraler Aspekt des Berliner Weges. 

Fabian Drescher im Interview in der Traumfabrik.

herthabsc.com: Sowohl du als auch Geschäftsführer Thomas E. Herrich habt direkt erklärt, den Berliner Weg weitergehen zu wollen. Kannst du beschreiben, wie dieser eure Überlegungen und Beschlüsse im Präsidium prägt?
Drescher: Der Berliner Weg steht über allem. Es geht nicht um einzelne Beschlüsse oder Personen, sondern stets um die Frage: Was ist das Beste für Hertha BSC? Wie bringen wir diesen Verein dorthin, wo er unserer Meinung nach hingehört? Und wie führen wir diesen Verein? Das möchten wir so tun, wie Kay es ausgerufen hat: Offen, transparent, demütig, mit Fokus auf die eigenen Talente im sportlichen Bereich und vor allem nachhaltig. Dazu kommen Aspekte wie die wirtschaftliche Sanierung, die wir weiter vorantreiben müssen, oder die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, mit der wir unsere Arbeit betreiben wollen. Diesen Weg möchten wir so weitergehen, dass wir Herthanerinnen und Herthaner uns alle damit identifizieren können und die Nahbarkeit unseres Vereins erhalten bleibt. Als Präsidium müssen und wollen wir stets greifbar und ansprechbar sein. Und ich kann eins versprechen: Wir lassen uns bei allen Entscheidungen nicht von außen reinreden. Die Entscheidungen treffen ausschließlich die Verantwortlichen bei Hertha BSC.

herthabsc.com: So natürlich auch weiterhin im personellen Bereich. Im März hat unser Verein den Vertrag mit Geschäftsführer Thomas E. Herrich verlängert. Eine Entscheidung, an der auch Kay noch beteiligt war…
Drescher: … richtig. Der Prozess dazu lief seit vergangenem Herbst und wir haben Gespräche mit Tom im Personalausschuss geführt – damals noch unter der Führung von Kay. So sind wir Ende vergangenen Jahres zu dem Entschluss zur Verlängerung gekommen. Tom ist schon lange bei Hertha tätig und gerade die vergangenen Jahre als Geschäftsführer waren keine einfachen. Er hat unserem Verein da große Dienste erwiesen, gerade wenn wir an die Lizenzerteilung im vergangenen Sommer und den damit verbundenen Dialog mit Sponsoren, Stakeholdern und der DFL denken. Wir wissen, was wir an ihm haben und so war klar, dass wir den Weg mit ihm weitergehen werden. 

Fabian Drescher im Interview in der Traumfabrik.

herthabsc.com: Im April hat unser Club wiederum bekannt gegeben, dass die Geschäftsführung ab Juli durch Ralf Huschen erweitert wird. Wie liefen die Gespräche mit ihm ab? Was waren die wichtigsten Gründe für die Entscheidung?
Drescher: Auch dieser Prozess lief seit dem vergangenen Herbst, die ersten Aufschlaggespräche mit Ralf hat Kay geführt, anschließend sind wir vom Personalausschuss dazugestoßen und wollten die Entscheidung, einen zweiten Geschäftsführer zu bestellen, ursprünglich schon im Januar treffen. Später waren wir uns dann einig, dass wir den mit Kay besprochenen Weg zu Ende führen werden. Wir wissen um Toms Fähigkeiten – die Aufgaben bei einem Fußballverein unserer Größenordnung sind auf der Geschäftsführungsebene aber derart vielfältig, dass das auf Dauer von einer Person nicht zu stemmen ist. Deshalb war es ja auch sein klarer Wunsch, die Geschäftsführung um einen weiteren Fachmann zu bereichern und er war in den Prozess mit eingebunden. Mit seiner Expertise in wirtschaftlichen Komponenten haben wir mit Ralf Huschen eine gute Wahl getroffen. Er identifiziert sich mit unserem Verein und unseren Werten, wird ganz im Sinne des Berliner Weges eine echte Verstärkung unserer Geschäftsführung sein und uns fachlich wie menschlich bei den kommenden Aufgaben spürbar weiterhelfen. Der Berliner Weg bedeutet nicht nur, dass jemand in Hertha-Bettwäsche geschlafen haben muss, das hat Kay ja schon einmal so schön auf den Punkt gebracht. In einem essenziellen Bereich wie der Sanierung und den wirtschaftlichen Komponenten ist eine Verstärkung wie Ralf absolut sinnvoll. Mit ihm, Tom und Benjamin Weber in der sportlichen Leitung ist unsere Führungsebene hervorragend aufgestellt.

herthabsc.com: Abschließend: Am 26. Mai kommt die Hertha-Familie zur Mitgliederversammlung zusammen. Was erwartet uns an diesem Tag? Worauf freust du dich? 
Drescher: Ich freue mich auf ein schönes Beisammensein und eine offene und ehrliche Aussprache! Außerdem gibt es stets Informationen, die wir den Mitgliedern in diesem Rahmen mitteilen möchten. Darüber hinaus finde ich es immer schön, bei diesen Versammlungen mit den Herthanerinnen und Herthanern ins persönliche Gespräch zu kommen – eben nicht nur von der Bühne aus, sondern auch im Vorfeld und im Anschluss. Wir spüren ein großes Vertrauen der Mitgliedschaft und werden den eingeschlagenen Weg gemeinsam konsequent weitergehen!

von Konstantin Keller