Ella Mettner steht zwischen ihren Teamkolleginnen.
Club | 8. Mai 2024, 13:00 Uhr

Blau-weiße Kämpferin

Inmitten einer kurzen Spielunterbrechung kam beim Duell zwischen unseren 1. Frauen und Türkiyemspor (zum Spielbericht) plötzlich Applaus von allen Seiten auf. Der Grund dafür war kein tolles Tor und keine gelungene Grätsche, sondern eine Einwechslung: Ella Mettner betrat den Platz für die zu Tränen gerührte Aurelia Haesler und löste damit an diesem frühsommerlichen Sonntag, der ohnehin schon nach dem Geschmack aller Blau-Weißen verlief, zusätzliche Euphorie im Hanns-Braun-Stadion aus. Beim Stand von 4:0 für unsere Alte Dame und nur einen Tag nach ihrem 20. Geburtstag war für die Mittelfeldspielerin der Moment gekommen, auf den sie ziemlich genau zwölf Monate hingearbeitet hatte – die Berlinerin feierte nach einem Kreuzbandriss ihr Comeback, das gleichzeitig auch ihr Debüt für unseren Hauptstadtclub bedeutete. „Anfangs habe ich sehr große Aufregung verspürt, doch die hat sich schnell in Vorfreude umgewandelt. Als während meiner Erwärmung nach und nach die Tore fielen, hatte ich einfach nur noch Bock mit den Mädels auf dem Rasen zu stehen. Ich konnte es kaum erwarten“, erzählt die Herthanerin, für die damit eine schwierige Zeit zu Ende ging.

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Zum Glück haben mich ganz viele Leute begleitet und unterstützt – ob Verwandte, Freundinnen und Freunde oder Teamkolleginnen sowie die Trainer. Das war wichtig und dafür bin ich unendlich dankbar!
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-Ella Mettner

Ella Mettner hebt den Daumen.
Seit Februar zurück im Training: Auch während der Verletzungspause fehlte Ella Mettner nur selten.

Es war der 21. Mai des vergangenen Jahres, im Auswärtsspiel beim SFC Stern 1900. In diesem vorletzten Auftritt der Saison 2022/23, hatte sich Mettner, damals noch im Trikot des F.C. Hertha 03 Zehlendorf, jene so schlimme Verletzung zugezogen. „Ich habe erstmals auf der Außenbahn gespielt und wollte die Partie unbedingt gewinnen“, erinnert sich die Hauptstädterin. Der Klassenerhalt stand auf dem Spiel. Die verhängnisvolle Situation ereignete sich schon recht früh in diesem so bedeutsamen Aufeinandertreffen. Mettner übte Druck auf eine Gegnerin aus, sprang im Kampf um den Ball ab und verdrehte sich bei der Landung das Knie. „Es ging alles sehr schnell. Ich wollte erstmal weiterspielen. Auch wenn ich ein komisches Gefühlt hatte, drehten sich meine Gedanken nur um das Spiel. Ich musste aber natürlich raus. Dass es tatsächlich ein Kreuzbandriss sein könnte, habe ich erst am Abend realisiert“, schildert unsere Nummer 13. Ende Juni folgte die Operation, anschließend begann die Phase der Rekonvaleszenz.

Neue Rolle neben dem Platz: Immer dabei – auch auf Krücken

Dafür schob Mettner sogar ihr geplantes Architektur-Studium auf. „Ich wollte mich komplett auf meine Genesung konzentrieren und habe dafür auch die volle Unterstützung meiner Familie bekommen. Beides zusammen wäre nicht möglich gewesen, da mein Kopf nur beim Fußball war. Ich habe direkt nach der Verletzung durchgerechnet, wann ich wohl wieder spielen kann“, verrät die 20-Jährige, die zuvor lediglich mit kleineren Blessuren zu kämpfen hatte. Zwischen acht und zwölf Monate dauert die völlige Wiederherstellung des Gelenks nach einem Kreuzbandriss in der Regel. Mettners großes Ziel: Die Rückkehr auf den Rasen in der laufenden Saison. Also ging es an die Arbeit. Während zäher – aus Mobilisierung und Physiotherapie bestehender – Wochen verlor Mettner nie den Kontakt zur Auswahl, besuchte selbst auf Krücken die meisten der Übungseinheiten ihrer inzwischen mit der Fahne auf der Brust kickenden Teamkolleginnen und reiste sogar mit ins Trainingslager. „Es hat mir extrem gefehlt, dass ich nicht durch Leistung zum Erfolg der Mannschaft beitragen konnte. Ich habe das aber durch eine neue Rolle neben dem Platz ausgleichen können. So war ich trotzdem für das Team da und habe alles mitbekommen, was mir persönlich sehr wichtig war. Zumal die Mädels es richtig gut gemacht haben und mich ihre Entwicklung sehr beeindruckt hat“, erklärt die Herthanerin.

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Trotz ihrer Verletzung hat sie der Mannschaft in den vergangenen Monaten viel gegeben, gleichzeitig hat die Mannschaft auch ihr viel gegeben. Das zeichnet dieses Team aus – es unterstützt und gönnt sich gegenseitig.
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-Manuel Meister

Ella Mettner führt den Ball.
Erstmals mit der Fahne auf der Brust: Unser Nummer 13 debütierte im Sondertrikot.

Darüber hinaus galt es, die Geduld zu bewahren. Nicht immer ging es wie gewünscht voran. Mal ließ der nächste große Fortschritt länger als gedacht auf sich warten, mal erschwerte eine Krankheit die Aufbaupläne. Gute und schlechte Tage wechselten sich genauso ab wie gute und schlechte Wochen. Mettner absolvierte einen Weg mit Hindernissen. „Zum Glück haben mich ganz viele Leute begleitet und unterstützt – ob Verwandte, Freundinnen und Freunde, Teamkolleginnen, die Trainer und vor allem meine Physiotherapeuten von der Da Vinci-Praxis. Dafür bin ich unendlich dankbar“, betont die Blau-Weiße, die Anfang Februar schließlich auf den Trainingsplatz zurückkehrte. Zunächst ackerte sie dort meist allein und etwas abseits der Gruppe. Doch die Mittelfeldspielerin, die sich im Zentrum am wohlsten fühlt und Defensivarbeit mit Tordrang verbindet, steigerte ihr Pensum konsequent. Aus einfachen Übungen mit Ball entwickelten sich Abschlüsse, lockere Spielformen und schließlich Zweikämpfe. „Ich habe gelernt, auch alleine klarzukommen, obwohl ich einen Teamsport betreibe. Ich habe gelernt, auch bei Rückschlägen dranzubleiben und nicht zu streng mit mir selbst zu sein. Wobei ich mir, gerade aufgrund der Entwicklung der Mädels, vorgenommen habe, noch stärker zurück zu kommen. Außerdem habe ich besser verstanden, auf meinen Körper zu hören“, unterstreicht Mettner, die hinzufügt: „Ich bin eine Kämpferin, das hat mir diese Reise gezeigt. Während der Reha habe ich sehr viel für mich mitgenommen, womit ich hoffentlich auch dem Team helfen kann.“

Anstrengender Kurzeinsatz und ein glücklicher Übungsleiter

Auf die Qualitäten seiner Nummer 13 setzt natürlich auch ganz besonders Manuel Meister. Der Chefcoach unserer 1. Frauen sagt über die Rückkehrerin: „Wir sind total glücklich, dass Ella zurück ist und freuen uns maximal für sie. Denn sie liebt Fußball. Trotz ihrer Verletzung hat sie der Mannschaft in den vergangenen Monaten viel gegeben, gleichzeitig hat die Mannschaft auch ihr viel gegeben. Das zeichnet dieses Team aus – es unterstützt und gönnt sich gegenseitig.“ Der Übungsleiter fügt hinzu: „Ich schätze Ella sehr als Mensch und weiß aus eigener Erfahrung, was sie investieren musste und wie schwierig die zurückliegende Zeit war. Wir wollen ihr nun dabei helfen, wieder auf ihr Wettkampflevel zu kommen. Dafür geben wir ihr die nötige Zeit. Wozu sie in der Lage ist, hat sie nicht nur in der vergangenen Saison, sondern auch im Training angedeutet. Mit Blick auf die kommende Spielzeit ist Ella quasi schon ein Top-Neuzugang, der noch weitere Qualität in unser Spiel bringt.“ Der Kurzeinsatz beim schlussendlichen 5:0-Erfolg über den Stadtnachbarn soll also erst der Anfang gewesen sein. „Die 20 Minuten gingen zwar schnell rum, waren aber ehrlicherweise anstrengender als angenommen“, berichtet die Berlinerin mit einem Schmunzeln. „Im Endeffekt hat mich vor allem der Sieg glücklich gemacht, nachdem die vorangegangen Begegnungen nicht so optimal verlaufen waren. Nun heißt es für mich, den Fokus darauf zu legen, die Intensität von Spiel zu Spiel zu steigern. Alles andere kommt mit der Zeit und darauf freue ich mich nun einfach riesig“, verdeutlicht die blau-weiße Kämpferin.

von Erik Schmidt