Marius Gersbeck erhält eine zweite Chance
Nach der Einstellung des Verfahrens gegen Marius Gersbeck durch das Landesgericht Salzburg hebt Hertha BSC die Suspendierung des 28-Jährigen auf. Der Torhüter wird in der Länderspielpause ins Mannschaftstraining zurückkehren und wieder mit dem Profikader von Cheftrainer Pál Dárdai trainieren. Der gebürtige Berliner erhält damit eine zweite Chance. Für unseren Schlussmann gelten fortan jedoch strenge Verhaltensregeln in Öffentlichkeit und Privatleben und er wird hart sanktioniert.
Thomas E. Herrich, Geschäftsführer von Hertha BSC, erklärt dazu: „Seit der Einstellung des Verfahrens gegen Marius Gersbeck ist klar, dass es nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommt. Auch uns als Club gegenüber hat Marius Einsicht und Reue gezeigt, dennoch verurteilen wir seine außerdienstlichen Verfehlungen weiter auf das Schärfste und haben selbstverständlich nie aus dem Blick verloren, dass der Geschädigte ernste Verletzungen davongetragen hat. In den vergangenen Tagen haben wir Rücksprache mit unseren Gremien gehalten und dies thematisiert. Marius bekommt eine zweite Chance. Seine Suspendierung wird aufgehoben, er erhält vom Verein jedoch eine Abmahnung und eine empfindliche Geldstrafe. In absehbarer Zeit wird Marius aber wieder unter Auflagen am Trainingsbetrieb der Lizenzspielermannschaft teilnehmen. Darüber hinaus hat sich Marius dazu verpflichtet, sich fortan sozial zu engagieren, um seine Erfahrungen aus dieser Verfehlung weiterzugeben.“
Gersbeck selbst sagt: „Mir ist bewusst, dass ich einen riesigen Fehler gemacht habe. Ich habe in den letzten elf Wochen alles darangesetzt, diesen wieder gut zu machen. Ich bin froh, dass der Geschädigte meine aufrichtige Bitte um Entschuldigung angenommen hat. Auch die Fans und Mitglieder sowie die Mitarbeitenden von Hertha BSC möchte ich um Entschuldigung bitten. Ich danke dem Verein und ich danke jedem einzelnen von euch dafür, dass ich trotzdem weiter davon träumen darf, eines Tages im Olympiastadion für meine Blau-Weißen im Tor zu stehen. Ich bin kein schlechter Mensch und vor allem bin ich nicht der unreflektierte Prügel-Torwart, der sich nicht um sein Umfeld und seine Mitmenschen sorgt. Ich bin ein Familienvater, Ehemann, Freund und stolzer Arbeitnehmer meines Vereins, mit dem ich aufgewachsen bin. Deshalb möchte ich gerne auf der Mitgliederversammlung einige Worte an euch persönlich richten. Natürlich kann ich auch meine sportliche Situation aktuell sehr gut einschätzen. Mein Blick geht nun aber auch nach vorne und ich bin dankbar und demütig zugleich, dass ich ins Mannschaftstraining als Herthaner zurückkehren darf. An diesen Worten könnt ihr mich in Zukunft messen und ich hoffe, ihr gebt mir die Chance dazu. Ha Ho He.“
Uwe Freyschmidt, Fachanwalt für Strafrecht, Partner bei Freyschmidt Frings Pananis Venn, ordnet die juristische Entscheidung des Landesgerichtes Salzburg folgendermaßen ein: „Aus strafrechtlicher Sicht ist hervorzuheben, dass bei einer Beendigung des Strafverfahrens im Beschlusswege mit der Auflage, einen Geldbetrag zu zahlen – in Österreich als sogenannte Diversion ausgestaltet – kein Schuldspruch und keine formelle Verurteilung erfolgt. Marius Gersbeck ist daher auch nicht zu einer 'Geldstrafe verurteilt' worden, wie es vielfach zu lesen war. Wichtig ist, dass Marius Gersbeck nicht nur im Verfahren die Verantwortung für sein Fehlverhalten übernommen hat, sondern sich zudem frühzeitig auf eigene Initiative mit dem Verletzten auf eine angemessene Entschädigung geeinigt sowie sich bei diesem persönlich entschuldigt hat, was durch den im Gerichtssaal erfolgten Händedruck mit dem Geschädigten ausreichend dokumentiert sein dürfte. Dies alles waren Maßnahmen, die der umfänglichen Schadenswiedergutmachung und damit der Wiederherstellung des Rechtsfriedens als wichtigem Verfahrensziel dienten und daher nicht nur im Strafprozess zu einer fairen Gesamtwürdigung beitragen sollten.“
Dr. Johan-Michel Menke, Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Heuking Kühn Lüer Wojtek, sieht die strafrechtlichen Entwicklungen als maßgebend für die arbeitsrechtlichen Ableitungen: „Wir haben der Clubführung empfohlen, Marius Gersbeck abzumahnen, mit einer Geldstrafe zu sanktionieren und weitere Auflagen zu erteilen. Damit wird zum einen deutlich, dass Hertha BSC eine konsequente Politik verfolgt, was Gewalt jeder Art angeht. Nicht nur auf dem Platz, sondern gerade auch im außerdienstlichen Bereich. Die Spieler sind Vorbilder in der Gesellschaft, gerade für junge Menschen. Im Arbeitsrecht gilt insoweit das Ultima-Ratio-Prinzip. Die Frage ist also immer: Gibt es eine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen oder ist die Kündigung alternativlos? Die Prognose bei Marius Gersbeck ist positiv: Er hat sich öffentlich entschuldigt, mit dem Opfer eine Lösung erarbeitet und versichert, sowohl in der Lage als auch willens zu sein, ein vergleichbares Fehlverhalten nicht zu wiederholen. Auch hat er angekündigt, sich mit Blick auf Gewaltprävention sozial zu engagieren. In diesem Fall ist sein Arbeitgeber Hertha BSC gehalten, ihm eine Bewährungschance zu geben.“
Benjamin Weber, Sportdirektor von Hertha BSC, erklärt: „Wir haben Marius im Sommer verpflichtet, um neben unseren jungen Torhütern Oliver Christensen, Tjark Ernst, Robert Kwasigroch und Tim Goller einen erfahrenen Zweitliga-Schlussmann in unserem Kader zu haben. Nach Olis Abgang Anfang August hat sich nicht nur Tjark, sondern auch Robert bereits in der 2. Bundesliga bewährt. Beide haben großartige Leistungen gezeigt. Dennoch wird ihnen die Erfahrung und die Unterstützung eines zweitligaerprobten Keepers in dieser Liga bei der sportlichen Weiterentwicklung enorm helfen. Für den Rest der Saison vertrauen wir in diese vierköpfige Gruppe.“