„Hertha ist wie mein Zuhause“
Februar, 2015: Pál Dárdai übernimmt bei unserer Alten Dame als Chefcoach. Juli, 2015: Marten Winkler wechselt in die Fußball-Akademie unseres Hauptstadtclubs. Mai, 2021: Pál Dárdai verhilft Marten Winkler zu seinem Bundesligadebüt. Oktober, 2023: Marten Winkler zählt fest zum Profikader und verlängert seinen Vertrag vorzeitig bis 2027, sein Trainer heißt Pál Dárdai. Wie die Geschichte wohl weitergeht? Das werden die kommenden Wochen, Monate und Jahre zeigen. Fakt ist: Die blau-weißen Wege der beiden Protagonisten sind irgendwie miteinander verknüpft. Wie für Dárdai stellt unser Hauptstadtclub auch für den 20-Jährigen mehr als einen Arbeitgeber dar. „Ich bin hier groß geworden und habe dem Verein, den Verantwortlichen sowie Trainern viel zu verdanken. Hertha ist wie meine Familie, mein Zuhause“, verrät unsere Nummer 22. Nach einer einjährigen Leihe zum SV Waldhof Mannheim bringt es der Rechtsaußen mit der Fahne auf der Brust seit Saisonbeginn bereits auf sieben Einsätze, zwei Tore und eine Vorlage. Dárdai weiß, wie er mit dem Linksfuß umzugehen hat und sieht in der weiteren Entwicklung seines Schützlings trotz der starken Zahlen reichlich unausgeschöpftes Potenzial: „Er muss noch viel arbeiten – vor allem an seinem Defensivverhalten sowie an seinem rechten Fuß“, so der Übungsleiter. Über das neue Arbeitspapier, die vergangenen Monate, die Doku und seinen Spitznamen hat herthabsc.com mit Winkler gesprochen.
herthabsc.com: Marten, herzlichen Glückwunsch zur Vertragsverlängerung! Schon bevor du überhaupt unterschrieben hattest, jubelte auf der Mitgliederversammlung ein ganzer Saal voller Herthanerinnen und Herthaner über die frohe Kunde. Wo warst du, als du dir das Video angesehen hast? Was hast du dir gedacht?
Winkler: (schmunzelt) Ich war tatsächlich währenddessen gar nicht in Berlin, sondern bei Freunden in Paderborn. Zecke (Neuendorf, Anm. d. Red.) hatte schon vorher zu mir gemeint, dass er die Vertragsverlängerung dort ankündigen möchte. Ich wusste nur nicht, wie und wo ich das Ganze sehen kann. Deswegen war es umso schöner und überraschender, als ich dann das Video bekommen habe.
herthabsc.com: Am Vortag hast du dir auch das Auswärtsspiel des SV Waldhof Mannheim in Bielefeld angeschaut. Hast du noch einen engen Draht zu dem Club, für den du vergangene Saison leihweise aufgelaufen bist?
Winkler: Natürlich. Ich tausche mich noch regelmäßig mit meinen ehemaligen Mitspielern aus, aber auch zum Trainerteam besteht nach wie vor Kontakt. Sie nun alle einmal wieder zu sehen, hat echt Spaß gemacht. Auch wenn ich mich offensichtlich nicht als Glücksbringer erwiesen habe. Insgesamt war es einfach eine schöne Zeit, die ich dort verbringen durfte.
herthabsc.com: Zurück zu Hertha BSC: Inzwischen ist die Tinte längst getrocknet. Dein neues Arbeitspapier gilt bis 2027. Dann wärst du seit zwölf Jahren ein Teil unseres Hauptstadtclubs. Welche Gründe waren ausschlaggebend für deine Entscheidung, dich so lange an unsere Alte Dame zu binden und obendrein auch noch eine lebenslange Mitgliedschaft abzuschließen?
Winkler: Ich bin hier groß geworden. Ich war zwölf Jahre alt, als ich ins Internat gekommen bin. Ich habe dem Verein, den Verantwortlichen und Trainern viel zu verdanken. Hertha ist wie meine Familie, mein Zuhause. Das habe ich ganz besonders während der vergangenen Saison in Mannheim gespürt – mir hat das ganze Umfeld sehr gefehlt. Deswegen bin ich umso glücklicher, dass der Club und ich die gleichen Pläne verfolgen und alles so gut geklappt hat. Nun gehen wir die Zukunft gemeinsam an.
herthabsc.com: Kurz nach deiner Rückkehr zu unserem Hauptstadtclub hast du im Trainingslager verraten, dass dich die Vorstellung, in einem prall gefüllten Olympiastadion aufzulaufen, antreibt. Mittlerweile standest du in drei Heimspielen von Beginn an auf dem Rasen und hast obendrein auch schon einen Treffer in unserem Wohnzimmer erzielt. Wie zufrieden bist du mit deiner persönlichen Entwicklung in den vergangenen Monaten?
Winkler: Ich habe eine gute Vorbereitung absolviert und mich sofort wohlgefühlt im neuen Team. Dass ich mich dann direkt in Düsseldorf beim ersten Pflichtspiel verletzt habe, war ein harter Schlag. In der Kabine sind deswegen auch ein paar Tränen geflossen – ich wollte nicht wahrhaben, dass es so losgeht. Nichtsdestotrotz habe ich ab dem folgenden Tag alles unternommen, um schnell wieder auf dem Platz zu stehen. Mit der Hilfe des Vereins wurde aus der ursprünglich veranschlagten vier- bis sechswöchigen Ausfallzeit eine anderthalbwöchige. Darauf bin ich stolz. Insgesamt musste ich zunächst erst einmal klargekommen – die Liga war eine andere, das Niveau demzufolge auch, obendrein die Mitspieler. Das ging vielen anderen aber auch so. Ich habe einfach versucht, die Vorgaben des Trainers so gut wie möglich anzunehmen und bin ganz zufrieden damit, wie es gelaufen ist. Aber es geht auf jeden Fall noch viel besser!
[>]Dieser Spitzname begleitet mich schon seit der U13 oder U14. Oliver Reiß, mein damaliger Trainer, hat mir den gegeben.[<]
herthabsc.com: Wir haben dein Tor zu Hause gegen Fürth schon kurz angeschnitten – lass uns über deinen Jubel sprechen: Was hatte die Geste (Winkler formte seine Hände zu einem Kissen, legte seinen Kopf darauf und schloss die Augen, Anm. d. Red.) zu bedeuten?
Winkler: Das kam in dem Moment relativ spontan und war nicht wirklich geplant – auch wenn ich mir natürlich vorher immer so ein paar Gedanken mache, wie ich ins Spiel gehen oder was ich in bestimmten Fällen machen möchte. Einerseits sollte es so etwas heißen, wie: Ich lebe meinen Traum. Und andererseits: Der Gegner wurde zum Schlafen geschickt und muss sich in unserem Stadion nichts ausrechnen. Dieser Augenblick war unglaublich.
herthabsc.com: Die Szene taucht auch im neuesten Teil unserer Doku auf. Seit Beginn dieser Spielzeit begleitet euch unser Medienteam quasi auf Schritt und Tritt. Wie ist das für dich? Wie haben dir die ersten beiden Episoden gefallen?
Winkler: Das ist eine richtig coole Geschichte! Ich habe solche Dokus auch schon von anderen Vereinen gesehen, umso spannender ist es, nun selbst Teil eines ähnlichen Projekts zu sein. Die ersten Episoden sind sehr gut geworden. Es ist schön zu wissen, dass die Leute hinter uns stehen und sich dafür begeistern können. Mein Respekt vor den daran beteiligten Leuten ist riesig, da steckt viel Arbeit dahinter.
herthabsc.com: Apropos Doku: Der Blick hinter die Kulissen vermittelt den Eindruck, dass ihr alle sehr gut miteinander klarkommt – wie würdest du selbst die Stimmung im Team beschreiben? Wie lange hat nach deiner Rückkehr aus Mannheim die Integration gedauert?
Winkler: Die Stimmung in der Mannschaft war eigentlich von Beginn an cool. Es gibt aber insgesamt sehr viele offene Leute in der Gruppe. Natürlich ist jeder Spieler anders, der eine oder andere benötigt etwas mehr Zeit zum Kennenlernen. Mir kam zugute, dass ich ja schon länger Teil der Hertha-Familie bin. Deswegen ist es mir recht leichtgefallen, zumal ich viele Gesichter bereits kannte. Grundsätzlich haben wir versucht, uns gegenseitig bei der Eingewöhnung zu helfen, indem wir miteinander geredet oder auch in der Freizeit etwas zusammen unternommen haben. Es ist ganz wichtig, dass man sowohl auf als auch neben dem Platz spürt, dass wir ein Team sind.
herthabsc.com: Du hast zeitnah Geburtstag: Nach Startelf- und Torpremiere mit der Fahne auf der Brust sowie deiner Vertragsverlängerung – hast du überhaupt noch Wünsche? Wenn ja, welche?
Winkler: Ich möchte so viele Torbeteiligungen wie möglich sammeln und auch außerhalb des Spielfeldes noch reifer zu werden. Ein großer Wunsch ist natürlich der Aufstieg – für Berlin und für unsere Fans. Wichtig ist aber vor allem, dass wir weiterhin hart arbeiten und bestmöglich abliefern.
herthabsc.com: Abschließend müssen wir noch über deinen Spitznamen sprechen – wie gefällt dir „Matte“?
Winkler: Dieser Spitzname begleitet mich schon seit der U13 oder U14. Oliver Reiß, mein damaliger Trainer, hat mir den gegeben. Er ist mit Márton (Dárdai, Anm. d. Red.) und Marten immer durcheinandergekommen und meinte dann irgendwann zu mir: Du heißt jetzt Matte. Márton blieb Márton, weil er einfach schon länger im Verein war. Seitdem trage ich diesen Namen überall, selbst meine Eltern nennen mich so. Ich komme damit ganz gut klar (schmunzelt).