Davie Selke im Kölner Trikot.
Profis | 11. Mai 2023, 16:02 Uhr

Kiek ma, wo dit hinjeht: Köln

831 Minuten oder mehr als acht Spiele in der Bundesliga – die Durststrecke, in der den Stürmern des 1. FC Köln kein eigener Treffer gelang, zog sich fast über zwei Monate. Mittlerweile hat sich das Bild jedoch gedreht. Maßgeblichen Anteil an der Wende hat ein alter Bekannter: Davie Selke. Seitdem der 28-Jährige die Flaute seiner Offensivkollegen beendete, kommt der frühere Herthaner in der Domstadt immer besser in Schwung. In den vergangenen drei Kräftemessen netzte der 1,95-Meter-Mann dreimal ein, jüngst doppelt beim 2:1-Erfolg im Rheinderby bei Bayer Leverkusen. „Davie war unfassbar fleißig und professionell. Wir haben viel Video-Analyse gemacht und im Kraftraum mit ihm gearbeitet. Ich glaube, die Mitspieler haben sich nun langsam darauf eingestellt, wo er hinläuft und wie er sich im Strafraum verhält“, erklärt Co-Trainer André Pawlak die positive Entwicklung. Auf wen oder was unsere Spreeathener beim Duell mit dem FC am Freitag ab 20:30 Uhr noch alles achten müssen, thematisiert herthabsc.com in der Gegnervorschau.

Die sportliche Situation: Mit den drei Punkten am vergangenen Wochenende hat sich das Team von Steffen Baumgart, der am Mittwoch seinen Vertrag bis 2025 verlängerte, endgültig den Klassenerhalt gesichert. In akuter Gefahr befanden sich der Übungsleiter und seine Schützlinge jedoch die ganze Saison nicht. Nie stand der derzeitige Tabellenelfte in dieser Runde schlechter als Platz 13. „Die großen Stärken dieser Mannschaft sind der Zusammenhalt sowie die Ausgeglichenheit im Kader“, schwärmt der Assistenzcoach. Aktuell gibt es aber ein Manko: Seit fünf Begegnungen warten die Geißböcke vor heimischem Publikum auf einen Dreier (zwei Remis, drei Niederlagen). Selbst rot-weiße Tore waren in dieser Zeit Mangelware im Müngersdorfer Stadion (ein Treffer). 

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Die großen Stärke dieser Mannschaft sind der Zusammenhalt sowie die Ausgeglichenheit im Kader
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-André Pawlak

Die Kölner im Fokus: Die Gründe dafür, dass das Team trotzdem im gesicherten Mittelfeld liegt, sind der Einsatz sowie ein klares Konzept. Im Durchschnitt läuft der FC 119,2 Kilometer pro Spiel und damit mehr als jeder anderer Bundesliga-Club. Vor allem Ellyes Skhiri glänzt mit seiner Pferdelunge. 357,4 Kilometer rannte der Tunesier in dieser Runde schon – Bestwert im deutschen Oberhaus. Zudem sorgt der Nationalspieler auch offensiv für Gefahr: Mit sechs Buden ist der 27-Jährige Top-Torjäger seiner Elf. „Ellyes ist nicht zu ersetzen“, betont sein Cheftrainer und sieht ihn als „Komponente in unserem Spiel, die einfach nicht wegzudenken ist.“ Eine andere Stärke der Baumgart-Elf sind Flanken. Mit 417 Hereingaben hat der vierfache DFB-Pokalsieger nicht nur die meisten hohen Bälle der Liga geschlagen, sondern bringt es dank der 13 daraus resultierenden Treffer auch auf die beste Quote. 

Die Schnittstellen: Von dieser Taktik profitiert auch Selke, für den es am Freitag gegen unsere Alte Dame kein gewöhnliches Aufeinandertreffen wird. „Das ist ein besonderes Spiel. Ich gucke immer noch und gerade jetzt nach Berlin“, verrät der Angreifer, der von 2017 bis 2023 insgesamt 126 Mal mit unserer Fahne auf der Brust auflief. Dabei traf er auch auf unseren aktuellen Mann an der Seitenlinie, der ebenfalls nur lobende Worte findet: „Davie und ich haben direkt funktioniert, seit wir uns kennengelernt haben, seit dem ersten Gespräch. Er ist ein Typ, der immer alles gibt und dem ich nur das Beste wünsche", äußerte sich Pál Dárdai auf der Pressekonferenz über das Wiedersehen. Linton Maina lief zwar nie in Blau-Weiß auf, jedoch wurde der Rechtsaußen in Berlin geboren und war Anhänger unserer Spreeathener. „Als Fan war ich früher viel im Stadion“, berichtet der 23-Jährige, der seit 2022 in der Domstadt ackert. Beide Vereine kennt auch Pablo Thiam. Der Leiter unserer Fußball-Akademie wechselte als Aktiver 1989 zum dreifachen deutschen Meister. In neun Jahren absolvierte der 49-Jährige insgesamt 99 Partien für die Geißböcke. Ebenfalls eine Kölner Vergangenheit besitzt unser Torwarttrainer Andreas Menger, der vor seinem Wechsel an die Spree drei Jahre am Rhein arbeitete und zudem von 1997 bis 1999 dort den Kasten hütete.

Wilfried Kanga und Marco Richter jubeln über das 2:0.
Grund zum Jubel: Wilfried Kanga und Marco Richter erzielten die beiden Treffer beim 2:0 im Hinspiel.

Das Hinrundenduell: Im letzten Vergleich vor der langen WM-Pause gingen unsere Jungs schon nach neun Minuten in Führung. Wilfried Kanga verwertete eine Flanke von Marvin Plattenhardt mit dem Kopf. Nach einer chancenreichen ersten Hälfte legten unsere Spreeathener im zweiten Durchgang nach – wiederum nach neun Zeigerumdrehungen. Diesmal staubte Marco Richter nach einem tollen Dribbling von Dodi Lukébakio ab. Der 2:0-Heimsieg war in der Folge nie gefährdet und sorgte für einen schönen Jahresabschluss vor über 60.000 Fans. „Wir haben sehr konsequent verteidigt, waren vorne effektiv und haben uns belohnt, nachdem wir das zuvor das eine oder andere Mal versäumt haben – das war ein versöhnlicher Jahresabschluss“, bilanzierte Maximilian Mittelstädt nach dem Schlusspfiff.

Die Meinung über unsere Elf: Vor dem direkten Aufeinandertreffen blickt Baumgart voller Respekt auf unsere Alte Dame. „Hertha ist ein Traditionsverein, der in die Bundesliga gehört. Dort wird seit langer Zeit auch überragende Nachwuchsarbeit betrieben.“ Unter Dárdai erkennt der gebürtige Rostocker bei unseren Jungs einige Unterschiede: „Die Berliner treten mit höherer Intensität und mehr Aggressivität auf. Sie werden alles reinwerfen, was Mentalität und Einsatzbereitschaft betrifft. Es wird ein schwieriges Spiel, weil wir auf einen Gegner treffen, der defensiv tief steht und über das Umschaltspiel kommt.“ Trotzdem fordert der Fußballlehrer, der mit 1,38 Punkten pro Partie der erfolgreichste Trainer des FC seit Einführung der Drei-Punkte-Regel ist, von seinen Jungs drei Punkte: „Wir wollen das Spiel gewinnen und das muss auch zu sehen sein! “

von Konstantin Rek