Unsere Herthaner jubeln nach dem Abpfiff über den Punktgewinn in Freiburg.
Profis | 2. April 2023, 12:28 Uhr

Die richtige Reaktion

Und dann standen plötzlich alle Blau-Weißen und hielten die Luft an – die im Gästeblock und auch die am Seitenrand. Es lief die fünfte Minute der Nachspielzeit im Duell zwischen dem Sport-Club Freiburg und unserer Alten Dame, als sich Marvin Plattenhardt den Ball in Strafraumnähe für eine Freistoßflanke zurechtlegte. Auf einmal schien für unsere Herthaner sogar noch die volle Punktzahl auf dieser Reise in den Breisgau möglich. Unser Kapitän brachte das Kunstleder in der Folge scharf vor das gegnerische Gehäuse, doch den Hausherren gelang es, die Situation zu bereinigen. So blieb es beim 1:1 (0:0)-Remis – nicht mehr, nicht weniger. Ein Ergebnis, mit dem unsere Spreeathener gut leben konnten. Noch viel wichtiger als das Resultat war aber der grundsätzliche Auftritt unserer Jungs an der Dreisam. „Wir waren von Beginn an da, hatten eine gute Ordnung gegen den Ball, haben deswegen wenig zugelassen und insgesamt eine sehr ordentliche Auswärtsleistung gebracht“, resümierte Sandro Schwarz.

Prince Boateng spendet Applaus auf dem Platz.
Sollte sein Team ordnen und pushen: Prince Boateng.

Startelf-Comeback für unsere Nummer 27

Sechs Wechsel hatte unser Chefcoach im Vergleich zum vorangegangenen, unbefriedigenden Bundesligaspiel in Sinsheim vorgenommen. Der Auftakt in das Kräftemessen glückte trotzdem oder gerade deswegen. Prince Boateng hielt die erste Hälfte für die „beste“ auf fremden Platz in der laufenden Saison. Unsere Nummer 27 stand dabei erstmals seit dem 1. Spieltag in der Startelf. „Ich habe mich gefreut. Dafür danke ich dem Trainer, der von mir gefordert hat, dass ich dem Team im Ballbesitz helfe, die Jungs außerdem ordne und pushe“, verriet unser Routinier mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Wir haben einen fußballerischen Ansatz gewählt. Prince hat die Rolle gut ausgefüllt, ist darüber hinaus eine Führungsfigur, schon die ganze Spielzeit lang. Diese Qualitäten wollten wir diesmal von Anfang an auf dem Platz haben. Er hat es sehr gut gemacht“, fällte Schwarz ein positives Urteil. Der Mittelfeldspieler und seine Kollegen begegneten dem Tabellenvierten derweil sofort auf Augenhöhe, zudem besaßen unsere Berliner die aussichtsreichste Gelegenheit vor der Pause: Dodi Lukébakio setzte einen Flugkopfball jedoch hauchdünn über den Kasten der Gastgeber (32.).

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Wir waren von Beginn an da, hatten eine gute Ordnung gegen den Ball, haben deswegen wenig zugelassen und insgesamt eine sehr ordentliche Auswärtsleistung gebracht.
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-Sandro Schwarz

Nach dem Seitenwechsel kassierten die Schwarz-Schützlinge allerdings einen schnellen Rückschlag. Die weiß-roten Standardspezialisten hatten nämlich wieder einmal in Person von Vincenzo Grifo zugeschlagen. Der Rechtsfuß versenkte einen von Tolga Ciğerci noch leicht abgefälschten Freistoß im unteren Eck des Tores. Es war der 17. Treffer für den UEFA Europa League-Achtelfinalisten nach einem ruhenden Ball in dieser Runde. Unsere Hauptstädter zeigten aber direkt die richtige Reaktion: Doch sowohl gegen Lukébakio als auch gegen Lucas Tousart retteten die Freiburger in höchster Not (56., 59.). Anschließend brachte unser Übungsleiter in Suat Serdar und Jessic Ngankam zwei frische Kräfte (67.). Vor allem letzterer sollte das Geschehen noch entscheidend beeinflussen.

Ngamkam kommt, sieht und trifft – Lob von Schwarz & Boateng

Der gebürtige Berliner, der in der Länderspielpause bei seinem Debüt für die U21-Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes prompt getroffen hatte, scheiterte zunächst per Kopf (75.), ehe er kurz darauf jedoch eiskalt zum umjubelten Ausgleich einschoss (77.). „Wir haben – auch an Jessic – die Erwartungshaltung gerichtet, da zu sein, wenn der Moment kommt. Er hat super darauf reagiert, auch schon im Gespräch vorher. Wir brauchen diesen Konkurrenzkampf“, sagte Schwarz, der im Sturm neben Lukébakio diesmal zunächst auch auf Wilfried Kanga gesetzt hatte. „Umso mehr freut es mich, dass Jessic sich mit diesem Tor dann belohnt hat“, betonte der Fußballlehrer. Der Torschütze selbst erklärte zu seinem Jokereinsatz: „Klar war ich im ersten Moment enttäuscht, dass ich nicht starten durfte. Aber es geht darum, bereit zu sein und dem Team zu helfen, wenn ich reinkommen darf“, so der 22-Jährige. Gesagt, getan. Lob für unsere Nummer 24 gab es auch von Boateng. „Der Junge spielt frei auf, macht sich nicht zu viele Gedanken. Aber er hört auch zu, ist sehr lernbegierig. Die Qualität hat er, das wissen wir. Und aktuell macht er nicht nur die Wege, sondern auch die Tore. Da kommt noch viel, viel mehr“, unterstrich der 36-Jährige.

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Klar war ich im ersten Moment enttäuscht, dass ich nicht starten durfte. Aber es geht darum, bereit zu sein und dem Team zu helfen, wenn ich reinkommen darf.
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-Jessic Ngankam

Trotz einer ereignisreichen Schlussphase hatte Ngankam mit seinem Treffer den Endstand besorgt. „Es war ein 50:50-Spiel, für das wir alles investieren mussten. Über das Ergebnis bin ich aber überhaupt nicht glücklich, schließlich lagen wir in Führung – allerdings ist es auch nicht ungerechtfertigt“, fasste Christian Streich, Trainer des Sport-Clubs, auf der Pressekonferenz nach dem Kräftemessen zähneknirschend zusammen. Sein Gegenüber äußerte sich wesentlich wohlwollender. „Unsere Reaktion auf den Rückstand, stellt uns zufrieden. Es war wichtig, ein Zeichen für uns selbst zu setzen und zu zeigen, dass wir in der Lage sind, auch in Freiburg einen absolut verdienten Punkt mitzunehmen“, machte Schwarz deutlich und fügte angesichts der bevorstehenden Aufgaben hinzu: „Insgesamt war die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, ein guter Schritt. Aber trotzdem brauchen wir noch einen langen Atem“, so der 44-Jährige.

„Acht Finals vor uns“ – als nächstes: Heimspiel gegen Leipzig

Die mitgereisten Anhängerinnen und Anhänger unseres Hauptstadtclubs unterstützten die Akteure auf dem Rasen vor sowie während der Begegnung wieder einmal mit allen Mitteln und würdigten die Leistung auch im Anschluss mit kräftigem Applaus. „Es sind knapp 2.500 Leute da gewesen, die 800 Kilometer zurücklegen mussten – unfassbar! Es ist ein gutes Gefühl, dass wir anschließend in die Kurve zu den Jungs und Mädels laufen und ihnen sagen konnten: Wir nehmen etwas nach Berlin mit zurück. Die Unterstützung spüren wir und sie fühlt sich gut an“, beschrieb unser Trainer. Boateng hielt fest: „Ich verspreche, dass das – mit den Fans in unserem Rücken – Hertha BSC war, so wie es die nächsten acht Spiele auch auftreten wird. Denn wir haben acht Finals vor uns“, gab der ehemalige ghanaische Nationalspieler die Richtung für die nächsten Wochen vor. Gemeinsam soll es am kommenden Samstag (08.04.23, 18:30 Uhr, Tickets hier sichern) auch zu Hause gegen RasenBallsport Leipzig zu Zählbarem reichen. „Wir analysieren nun unsere Leistung – was ordentlich war und was wir besser machen müssen. Dann geht es weiter. Abstiegskampf bedeutet, sich darauf zu fokussieren, was du selbst beeinflussen kannst. Dabei bleibt es“, stellte unser Trainer klar. Nur so führt der blau-weiße Weg zum Klassenerhalt.

Unseren Nachbericht gibt es auch in Leichter Sprache. 

von Erik Schmidt