Um den Lohn gebracht
Patsch! Plötzlich wackelte das Gebälk. Marc Kempf hatte sich Mitte der zweiten Halbzeit nach einem Eckstoß von Marvin Plattenhardt stark im Fünfmeterraum durch- und einen wuchtigen Kopfball abgesetzt. Der Versuch unserer Nummer 20 knallte jedoch nur gegen die Latte und von dort aus zurück ins Spielfeld, wo die Szene dann verpuffte (69.). Ein Treffer hätte die erneute Führung unserer Blau-Weißen gegen den FSV Mainz 05 nach sich gezogen. Stattdessen blieb es im Olympiastadion bis zum Abpfiff beim 1:1-Unentschieden – ein Resultat, das auch hätte anders lauten können. „Das Ergebnis ist ärgerlich. Wir hatten eigentlich alles im Griff und unsere Taktik ist aufgegangen“, erklärte Jessic Ngankam vor allem mit Blick auf die starke erste Halbzeit unserer Spreeathener.
Druckvoller Auftakt in die Begegnung
Schon in der Anfangsphase machten unser Angreifer und seine Kollegen deutlich, dass sie eine Reaktion auf die Niederlage in der Vorwoche zeigen wollen. „Ich fand uns sehr griffig. Wir hatten ein gutes Timing im Anlauf- und Pressingverhalten – sind nicht blind gestürzt, sondern haben aus einer Kompaktheit heraus agiert“, registrierte Sandro Schwarz zufrieden, aber nicht überrascht. „Das Ur-Vertrauen in meine Mannschaft ist da. Wir haben schon zuletzt gezeigt, dass wir das können. Dennoch war es wichtig, eine andere Leistung als in Leverkusen abzurufen“, unterstrich unser Cheftrainer.
[>]Ich fand uns sehr griffig. Wir hatten ein gutes Timing im Anlauf- und Pressingverhalten – sind nicht blind gestürzt, sondern haben aus einer Kompaktheit heraus agiert.[<]
Erster Profi-Strafstoß für Ngankam
Infolge erster Annäherungen ans gegnerische Gehäuse lag der Ball nach etwas mehr als einer Viertelstunde auch schon im Netz. Ngankam hatte ihn dorthin befördert – per Strafstoß (18.). Vorangegangen war Leandro Barreiros Handspiel, Bejamin Cortus' Studium der Videobilder sowie der Fingerzeig des Schiedsrichters auf den Punkt. Weil in Dodi Lukébakio der etatmäßige Schütze unserer Spreeathener zu diesem Zeitpunkt noch auf der Bank saß, schnappte sich der 22-Jährige den Ball und verwandelte trocken. Für unser Eigengewächs war es der erste Elfmeter überhaupt als Profi. „Ich habe mich gut gefühlt, mich nochmal kurz mit Flo (Florian Niederlechner, Anm. d. Red.) abgestimmt und dann einfach geschossen“, schilderte unsere Nummer 24 die Entstehung der Führung. Lob erhielt der 1,84-Meter-Mann dafür auch von seinem Coach. „Jessic hat alles rausgehauen, was er im Tank hatte – war zudem sehr körperlich und robust. Dass er obendrein so selbstbewusst ist und das Ding sicher versenkt, freut mich umso mehr“, verriet Schwarz, der im weiteren Verlauf bis zur Pause nur eine Sache am Auftritt seiner Elf zu bemängeln hatte: „Wir haben es verpasst, ein Tor nachzulegen.“ Denn unsere Berliner gaben auch nach dem Treffer weiter den Ton an. Anerkennung gab es dafür auch vom Kontrahenten. „In der ersten Halbzeit war uns Hertha in allen Belangen überlegen, wir waren gar nicht da. Dass es nur 0:1 stand, war Glück für uns“, gab FSV-Übungsleiter Bo Svensson ehrlich zu.
[>]Ich habe mich gut gefühlt, mich nochmal kurz mit Flo (Florian Niederlechner, Anm. d. Red.) abgestimmt und dann einfach geschossen.[<]
Nach dem Seitenwechsel stabilisierte sich das formstarke und mit vier Siegen in Serie angereiste Team aus Rheinhessen aber etwas. Der Ausgleich durch Ludovic Ajorque und dessen feiner Einzelleistung fiel trotzdem aus dem Nichts (57.). „Wir haben dem Gegner eigentlich sehr wenig angeboten. Mainz macht aber gefühlt aus einer Gelegenheit den Treffer – das ist sehr ärgerlich“, merkte Kapitän Plattenhardt richtigerweise an. Zumal unsere Jungs in der Folge wieder mehr Druck entfachten und zu Chancen kamen. „Mein Lattentreffer war natürlich bitter, da haben nur wenige Zentimeter zum Sieg gefehlt“, stellte Kempf treffend fest. In die gleiche Kerbe schlug Schwarz: „Hintenraus sind wir ebenfalls nochmal aufgekommen, da hätten wir den Lucky Punch setzen können“, beobachtete der Fußballlehrer, der in Stevan Jovetić und Dodi Lukébakio frisches Offensivpersonal gebracht hatte. Letzterer verpasste mit einem Schlenzer in der Schlussphase das Ziel ebenfalls nur um Haaresbreite (75.), so dass für unseren Hauptstadtclub unter dem Strich das erste Remis seit Anfang Oktober des vergangenen Jahres stand.
Zuspruch und Applaus aus der Ostkurve
Den Ertrag am Ende dieses Nachmittags bewertete Ngankam wie folgt: „Wir haben einen Punkt gewonnen, aber auch zwei verschenkt.“ Unser Mann an der Seitenlinie ärgerte sich vor allem über die Phase nach der Pause. „Diese 15, 20 Minuten haben uns leider um den Lohn gebracht“, analysierte der 44-Jährige. Weil unsere Herthaner aber auch sehr viel richtig gemacht haben, hob Kempf das Positive hervor: „Wir können jeden Zähler gebrauchen. Darüber hinaus sind wir gefestigt, betreiben viel Aufwand und stehen als Mannschaft zusammen“, so der Innenverteidiger. Zuspruch erhielten Plattenhardt und Co. nach dem Abpfiff auch von den Fans in der Ostkurve. Die Anhängerinnen und Anhänger spendeten Applaus und machten Mut. „Ihre Botschaft war, dass wir genauso weiterspielen sollen – als Mannschaft um jeden Ball kämpfen und fighten. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das hinbekommen“, berichtete unsere Nummer 21. Für unsere Hauptstädter steht nun noch das Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim (18.03.23, 15:30 Uhr, Tickets hier) auf dem Programm, ehe es in die erste Länderspielpause des Jahres geht. „Dort müssen wir wieder genauso auftreten“, gab Florian Niederlechner bereits die Richtung für das Kräftemessen im Kraichgau vor. Gelingt das, wird es auch den verdienten Lohn nach sich ziehen!