Exil-Fan Heiko vor dem Olympiastadion.
Fans | 28. Februar 2023, 12:00 Uhr

Hertha OnAir im Cockpit

Vom Bordstein bis zur Skyline – was ein Berliner Rapper im übertragenen Sinne meinte, trifft auf Herthaner Heiko wortwörtlich zu. Denn der gebürtige Neuköllner machte sich einst auf, um die große weite Welt zu entdeckten. Über den Süden unserer Hauptstadt landete der 48-Jährige bei der Bundeswehr, der NATO und mittlerweile im US-amerikanischen Bundesstaat Virginia. Ob im Cockpit rund 10.000 Meter über dem Erdboden oder nun knapp 6.800 Kilometer Luftlinie von seiner Heimat entfernt: Unsere Alte Dame spielt stets eine entscheidende Rolle im Leben des Exil-Fans. Im Gespräch mit herthabsc.com erzählt er von seinen ersten Berührungspunkten mit unserem Hauptstadtclub, seiner beruflichen Karriere und der besonderen Liebe zu Hertha OnAir.

Gewachsen auf Beton

Erste blau-weiße Erfahrungen sammelte der Fußball-Enthusiast schon im frühen Kindesalter. „Wenn man in Berlin zur Welt kommt, heißt das zwar nicht automatisch, dass man Herthaner wird – aber ich habe mich dadurch auf jeden Fall früh mit dem Verein beschäftigt“, erzählt der Marineflieger und führt weiter aus: „Mit meinen beiden älteren Halbbrüdern habe ich mich schon zeitig über Niederlagen geärgert und viel über unsere Alte Dame diskutiert." Auch während der Regionalliga-Zeiten verlor der Hauptstädter unsere Spreeathener nicht aus den Augen. Nachdem unsere Profis in der Saison 1996/97 den Wiederaufstieg in die Bundesliga erfolgreich meisterten, war es für den damals 23-Jährigen soweit: Er wurde offizielles Hertha-Mitglied. „Ich habe mir die Mitgliedschaft damals von meinem Vater gewünscht, um mein Fan-Dasein zu manifestieren“, so der Anhänger.

Hertha-Logo auf dem Ärmel eines Overalls.
Auch in der Luft dabei: Heiko befestigte das Logo unserer Alten Dame auf seinem Overall.

Hertha hoch hinaus

Parallel zur Begeisterung für unsere Farben entwickelte sich auch die berufliche Karriere von Heiko. 1993 ging der Berliner zur Bundeswehr und stieg innerhalb von vier Jahren zum Marineflieger auf. Schon damals im Cockpit immer dabei: unsere Blau-Weißen. „Als Pilot hat man einen Overall, den man bei Einsätzen anzieht“, erklärt der Herthaner. „Darauf befestigt man verschiedene Patches, die einem eigentlich vorgegeben sind, um zu zeigen, welchen Rang man hat und bei welcher Einheit man ist. Darüber habe ich mich irgendwann hinweggesetzt und ein Hertha-Logo auf meiner Uniform befestigt, sodass unser Verein in der Luft immer dabei war.“ Unsere blau-weiße Fahne sah so einige Länder auf dem afrikanischen Kontinent, ehe es für den Soldaten im vergangenen Sommer schließlich in die USA ging.

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Ich bin der einzige Herthaner hier, lasse mir unseren Verein aber nicht madig machen. Auch wenn die Dortmunder und Bayern bei uns im Büro immer gerne sticheln: Ich stehe zu unserer Alten Dame!
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-Heiko

Im Süden Virginias, genauer gesagt in der Stadt Virginia Beach, arbeitet der 48-Jährige nun bei der NATO. Inzwischen hat der Fußballbegeisterte das Cockpit gegen einen Bürotisch ausgetauscht und den Overall gegen ein Trikot: „Ich habe noch eins aus den Neunzigern. Das ziehe ich jetzt auch zur Arbeit immer an, wenn unsere Blau-Weißen spielen.“ Obwohl sich das Jobprofil verändert hat, bleibt die Liebe zur Heimat: „Ich bin der einzige Herthaner unter den deutschen Soldaten hier – und auch wenn die Dortmunder und Bayern bei uns gerne sticheln: Ich stehe zu unserer Alten Dame!“

Lieber Radio statt Sportsbar

Das Verfolgen der Spiele ist bei seinem Arbeitspensum und der Zeitverschiebung nicht immer ganz leicht. Ganz wichtig für Heiko dabei: Hertha OnAir. „Die Sportsbars sind selten gemütlich und da Fußball hierzulande eine Randsportart ist, wird dort eh meistens nur die NFL oder die NBA gezeigt“, bedauert der Herthaner und geht auf seine Liebe zu Audioinhalten ein: „Ich bin mit dem Radio aufgewachsen. Man kann sich vorstellen: Wenn man in Neukölln groß wird, gehört man nicht unbedingt zur einkommensstärksten Schicht. Bei uns gab es keinen Fernseher“, so der gebürtige Berliner. Besonders bei unserem Clubradio gerät der Fan ins Schwärmen: „Manfred ‘Manne‘ Sangel und Thomas ‘Recki‘ Reckermann machen das überragend! Ich liebe es, den beiden zuzuhören und mir die Partien dabei vorzustellen.“ Zum Beispiel die Entstehung des entscheidenden Siegtreffers in der Schlussphase. Oder den tosenden Jubel der Ostkurve im Anschluss. Selbst über den Wolken lauschte der Spreeathener schon den packenden Spielreportagen des Duos und ließ seiner blau-weißen Fantasie freien Lauf: Vom Bordstein unserer Hauptstadt bis zur Skyline der Vereinigten Staaten.

von Nicolaus Seiler