Grafik zum Exil-Herthaner Andreas Nicke.
Fans | 12. Dezember 2022, 16:00 Uhr

Drei Länder, zwei Kontinente, ein Verein

Gemeinsame Leidenschaften und damit verbundene Erfahrungen schweißen eine Familie zusammen – gerade, wenn die Verwandtschaft international weit verstreut ist. Andreas Nicke kann ein Lied davon singen. Der Fußballfan lebt seine Liebe zu unserer Alten Dame keineswegs alleine, sondern begeisterte auch seine Liebsten für unsere Farben. Denn je größer die Entfernung zu unserem Verein wurde, desto mehr verstärkte sich auch sein eigenes Interesse an eben diesem. „Durch den Abstand habe ich jedes blau-weiße Erlebnis noch intensiver empfunfen. Der Aufwand war groß, aber dadurch habe ich die Momente auch mehr zu schätzen gelernt“, erzählt der 60-Jährige im Gespräch mit herthabsc.com.

Vereint in den Farben, getrennt in der Stadt

Bereits während seiner Kindheit erwies sich die Theorie des gebürtigen Wuppertalers erstmals als zutreffend. Nachdem der Junge aus seiner Geburtsstadt zu seinen Großeltern in den damaligen Ostteil unserer Spreemetropole zog, fing er nicht nur an Fußball zu spielen, sondern auch unsere Herthaner auf der anderen Seite der Mauer zu verfolgen. Sein Onkel, häufig aus dem Westteil zu Besuch, brachte ihm Wimpel und andere Fanartikel mit. Der erste Stadionbesuch ließ dennoch einige Zeit auf sich warten: „Klar habe ich die Partien verfolgen können, aber bis zur Wiedervereinigung hieß es lange: Nur gucken, nicht anfassen“, blickt Nicke zurück. Seine Zuneigung für unsere Berliner trübte die Warterei allerdings nicht – ganz im Gegenteil! Mit 27 Jahren war es nämlich so weit und der Exil-Fan durfte erstmals live im Olympiastadion dabei sein. Das damalige Freundschaftsspiel zwischen unserer Elf und den Gästen vom 1. FC Union anlässlich der Wiedervereinigung unserer Hauptstadt war ein ganz besonderes für den Projektleiter. Der unvergessliche Tag stellte den Startschuss für viele weitere Besuche in Westend dar.

Patenkind Paul an seinem Geburtstag mit einem Hertha-Luftballon.
Patenkind Paul feiert seinen Geburtstag in blau-weiß.

Blau-Weiße in Madrid und Honduras

Die Freude über die gewonnene Freiheit und die Nähe zur Spielstätte währte allerdings nicht lange: 1995 zog es den Fan aus beruflichen Gründen an den Bodensee. Seitdem lebt der Blau-Weiße auf der Schweizer Seite und überwand die 850 Kilometer seltener. Dafür fand Nicke eine andere Bereicherung am neuen Standort: Seit mittlerweile acht Jahren ist er mit einer Honduranerin verheiratet, die seine Fußballbegeisterung teilt. Die Familie der beiden lebt zum Teil in Madrid, zum Teil im mittelamerikanischen Land. Diese Distanz verhinderte jedoch nicht, dass der Herthaner seine Begeisterung für unseren Hauptstadtclub an seine Liebsten weitergab. Neben Real Madrid werden in der spanischen Metropole nun auch die Bundesliga-Partien unserer Alten Dame verfolgt. „Ich habe meine Angehörigen gemeinerweise mit Merch überzeugt. Vor allem die Jüngsten – und wenn die einmal Feuer gefangen haben, lassen sich die Eltern leichter mitziehen“, erklärt der Anhänger seine Taktik schmunzelnd. Vor allem sein Patenkind Paul beschenkt Nicke regelmäßig mit Fanartikeln – ähnlich wie es sein Onkel bei ihm in der eigenen Kindheit tat.

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„Anfangs saß meine Frau bei den Spielen immer noch neben mir, aber inzwischen geht sie aus dem Zimmer – sie findet, ich übertreibe!“
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Andreas Nicke und seine Frau stehen am Osttor.
Der Exil-Fan nimmt seine Frau das erste Mal mit ins Olympiastadion.

Hertha-Debüt für die Frauen der Familie

Die Begeisterungsfähigkeit der Lebensgefährtin hat hingegen etwas nachgelassen: „Anfangs saß meine Frau bei den Spielen immer noch neben mir, aber inzwischen geht sie aus dem Zimmer – sie findet, ich übertreibe“, erzählt der Wahl-Schweizer mit einem Lächeln. Nichtsdestotrotz konnte der Exil-Anhänger seine Familie anlässlich seines 60. Geburtstages von einem Besuch im Olympiastadion überzeugen. Während der Sohn von Nicke schon öfter live zu Gast war, war der jüngste 2:0-Erfolg gegen den 1. FC Köln für die Partnerinnen der beiden Fußballbegeisterten die erste Begegnung mit unseren Spreeathenern. „Die Frauen waren viel aufgeregter als wir, aber es hat ihnen sehr gut gefallen. Als der Sieg eingetütet war, haben wir die letzten zehn Minuten zusammen gefeiert – das war eine tolle Atmosphäre und ein gelungener Geburtstag für mich“, blickt der Herthaner auf den 15. Spieltag zurück. Die nächste Reise in unsere Hauptstadt ist auch schon in Planung: „Mal schauen, ob es das Derby wird oder wir es erst gegen Mönchengladbach schaffen, aber kommen werden wir Anfang des neuen Jahres ganz bestimmt. Ob meine Frau wieder dabei sein wird, werden wir sehen“, blickt der Fan mit einem breiten Grinsen auf die kommende Zeit und weitere Erlebnisse mit Hertha BSC.

von Noelle Feuer