Thomas Broich sitzt während der Podcastaufzeichnung am Tisch im Besprechungsraum.
Club | 1. November 2022, 14:00 Uhr

„Der liebste Ball ist der hinter die Kette“

Wenn Thomas Broich über Fußball spricht, dann bewegen sich nicht nur die Lippen des Ex-Profis: Hier ein Fingerzeig, dort ein Ausstrecken der Handfläche. Mimik und Gestik gehören bei den Ausführungen des 41-Jährigen dazu, wie der Ball zum Spiel. Zu beobachten war das nicht nur im Interview im Sommer-Nachwuchstrainingslager, sondern auch bei der jüngsten Aufzeichnung des neuen Hertha OnAir-Podcasts. Der Leiter Methodik unserer Fußball-Akademie strotzt auch nach – auf den Tag genau – zehn Monaten täglicher Arbeit voller Tatendrang. Das erste halbe Jahr stand unter den Vorzeichen: Ankommen, Leute und Verein kennenlernen, Vertrauen schaffen. Wenn man ein erstes Resümee ziehen möchte, kann ich sagen, dass das schon sehr gut klappt. Wir haben einen sehr engen Austausch und ich bin super happy. Dennoch stehen wir erst am Anfang“, erläutert Broich im Gespräch mit Manfred „Manne“ Sangel und Thomas Reckermann, den Moderatoren unseres Formats, das ab sofort auf Spotify und Apple Podcasts abrufbar ist.

„Wir wollen die Partien komplett dominieren“

Gemeinsam mit unseren Trainern und Matthias Borst (Leiter Spielkonzeption & Trainerentwicklung) feilt der 87-malige Bundesliga-Akteur an der Ausarbeitung einer ganzheitlichen Spielphilosophie von der U9 bis zur Bundesliga-Mannschaft – und hat dabei ganz konkrete Vorstellungen. „Wir wollen die Partien komplett dominieren, auf einer spielerischen Art und Weise und mit einer extremen Zielstrebigkeit. Wir wollen keinen Ballbesitz nur wegen des Ballbesitzes haben, wir möchten so vertikal wie möglich spielen. Der liebste Ball ist der hinter die Kette. Wenn wir eine Möglichkeit haben, um durchzubrechen, dann sofort. Gegen den Ball gibt es überhaupt keine Passivität, jeden Ball wollen wir attackieren“, gibt der Verantwortliche transparent Einblicke in die blau-weißen Prinzipien. Im selben Atemzug vergisst der ehemalige deutsche U-Nationalspieler allerdings nicht zu erwähnen, mit welcher Absicht dieses Bestreben konzipiert ist. „Das sind extrem formulierte Ziele. Uns ist klar, dass das nicht in jeder Spielphase möglich ist. Aber wenn wir es extrem formulieren und am Ende nur 80 Prozent davon erreichen, haben wir schon viel gewonnen!“

„Kein Bein mehr vor das andere“

Viel gewonnen hat der gebürtige Münchner auch während seiner spannenden Laufbahn als Spieler – abseits des Platztes vor allem an lehrreichen Auslandserfahrungen und prägenden Mitmenschen. „Für mich gibt es eine Zeitrechnung vor und nach Ange Postecoglou, mein Trainer damals in Brisbane. Bevor ich ihn kennengelernt habe, habe ich ein bisschen gekickt und vieles war Improvisation. Im Nachhinein merke ich, dass ich damals den Fußball nicht begriffen habe. Seit dem Zeitpunkt war der Sport für mich viel verständlicher und leichter zu interpretieren“, blickt der ehemalige Mittelfeldspieler zurück, den es nach Profi-Stationen in Mönchengladbach, Köln und Nürnberg zum Abschluss seiner Karriere nach Australien gezogen hatte. „Irgendwann war ich in Nürnberg, habe kein Bein mehr vor das andere bekommen und gemerkt, dass mir das gerade so wenig Spaß macht. Ich wollte die Bundesliga hinter mir lassen. Damals hatte ich das Glück, dass ich einen australischen Mitspieler hatte, dessen Papa Co-Trainer bei Brisbane war. Dann hat der den Kontakt zum Coach hergestellt und wir haben uns zu einem Gespräch in Nürnberg getroffen – zwei Wochen später saß ich im Flieger“, skizziert der zweifache australische Fußballer des Jahres seinen damals eingeschlagenen Weg in die Hauptstadt des Bundesstaates Queensland. Im weiteren Verlauf der 29-minütigen Unterhaltung verrät Broich, ob er für die Iren trinkfest genug war, spricht über Verständigungsschwierigkeiten mit einem schottischen Zeugwart und sagt, ob er den Wechsel von der Weiß- zur Currywurst bereits erfolgreich vollzogen hat. Viel Spaß beim Zuhören!

Hinweis: Hier gibt es alle Informationen zu den Podcasts. Natürlich kann Hertha OnAir auch über unsere offizielle App gehört werden. Ihr habt noch keine App? Dann schnell für iOS- oder für Android-Smartphones herunterladen! Alle Infos dazu findet ihr unter www.herthabsc.de/app!

00:00:00 Intro
00:01:12 Was macht Thomas Broich eigentlich?
00:02:06 Taktiktafel oder Laptop?
00:04:30 Schlüsselperson Ange Postecoglou
00:06:33 Weglaufen nach Australien
00:08:45 „Think again“
00:11:00 Was der Trainer erzählt, ist Blödsinn 
00:11:54 Spielphilosophie
00:15:17 Theorie in der Praxis umsetzen
00:18:35 Flexibilität statt Automatismen 
00:20:31 Talent als Basis
00:22:16 Die Entwicklung der Trainingsmethodik 
00:23:27 Erste Bilanz
00:25:06 Zeit für die Stadt Berlin?
00:27:26 Klavier und töpfern

von Simon Jötten