Diana Hoge in der Kabine der Berlin Thunder.
Club | 16. November 2022, 17:10 Uhr

"Wir sind stolz auf diese Franchise"

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Leider hat es am Ende mit den Play-offs nicht gereicht, umso größer ist der Hunger auf die nächste Saison. In dieser liegt der Fokus ganz klar darin, ein Championship-Anwärter zu sein.
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-Diana Hoge

Fast 70.000 Fans erlebten am vergangenen Sonntag einen historischen Moment, als die National Football League (NFL) ihr erstes Spiel in Deutschland bestritt. Mit Superstar und Quarterback Tom Brady gewannen die Tampa Bay Buccaneers gegen die Seattle Seahawks mit 21:16. Mittendrin: Diana Hoge, Geschäftsführerin bei Berlin Thunder, der Football-Franchise aus der European League of Football (ELF). „Ich bekomme direkt wieder Gänsehaut, wenn ich an das Wochenende zurückdenke! Nach diesem grandiosen NFL-Auftakt in Deutschland werden wir hier noch viele weitere Spiele sehen“, sagt Hoge, die nicht just for fun vor Ort war, sondern in der nächsten Saison mit ihrer Franchise – auf und neben dem Platz – angreifen möchte. „Wir sind bereits mitten in den Vorbereitungen – und zwar in allen Bereichen. Sportlich gesehen stecken wir mitten im Recruiting der Spieler und konnten auch bereits einige Signings verkünden. Im besonderen Fokus steht dazu natürlich die Sponsoren- und Partnergewinnung.“ Im Interview mit herthabsc.com spricht die gebürtige Berlinerin über die Entwicklung bei Berlin Thunder, Ziele und Herausforderungen sowie die Zusammenarbeit mit Björn Werner.

herthabsc.com: Diana, bevor wir über Berlin Thunder sprechen. Als Vertreterin der Franchise warst du am Sonntag beim ersten Spiel der National Football League (NFL) in Deutschland in München. Wie hast du dieses Event erlebt?
Hoge: Ich bekomme direkt wieder Gänsehaut, wenn ich an das Wochenende zurückdenke! Das Spiel und die Stimmung im Stadion sind unvergesslich. Gefühlt war die gesamte Football-Community in München, egal ob sie Tickets für das Spiel hatten oder nicht – nur um dabei zu sein und Teil dieses ja schon fast historischem Wochenende zu sein. Ich denke, dass wir nach diesem grandiosen NFL-Auftakt in Deutschland noch viele weitere Spiele sehen werden und dass generell unser Sport an diesem Wochenende viele neue Fans dazu gewonnen hat.

herthabsc.com: Für Berlin Thunder ist die Spielzeit in der European League of Football vor rund zwei Monaten zu Ende gegangen. Mit etwas Abstand: Was empfindest du, wenn du auf die vergangene Saison zurückschaust? 
Hoge: Ich blicke voller Stolz zurück. Auch wenn es eigentlich die zweite Saison war, war es doch nach dem Rebuild im vergangenen Jahr unsere erste Spielzeit mit dem neuen Team. Und ich bin wahnsinnig stolz darauf, was wir als Franchise auf die Beine gestellt haben - sowohl sportlich als auch drumherum, hinsichtlich des Spieltages, der Sponsorengewinnung und des Aufbaus unserer Fan-Community.

herthabsc.com: Du hast es angesprochen: Auf dem Platz habt ihr es geschafft, den sportlichen Trend zu wenden. Mit einer Bilanz von sieben Siegen und fünf Niederlagen habt ihr die Play-offs nur knapp verpasst. Wie ist euch dieser Aufschwung gelungen? 
Hoge: Wir hatten ein noch sehr junges Team mit vielen neuen Spieler, da hat es etwas Zeit gebraucht, bis es sich als Unit zusammengefunden hat. Man darf außerdem nicht vergessen, dass die Jungs aus dem Ausland erst einen Monat vor dem ersten Game gemeinsam mit dem Team das Training beginnen konnten. Da braucht es natürlich etwas, bis sich alle aufeinander eingestellt haben. Nach einem etwas holprigen Start haben wir eine tolle Siegesreihe hingelegt und bis zum letzten Spieltag um den Einzug in die Play-offs gekämpft. Leider hat es am Ende nicht gereicht, umso größer ist der Hunger auf die nächste Saison. In dieser liegt der Fokus ganz klar darin, ein Championship-Anwärter zu sein.

herthabsc.com: Und abseits des Feldes: An welchen Stellschrauben habt ihr gedreht und was ist nötig, um das Team hinter dem Team und damit die ganze Franchise zu entwickeln? 
Hoge: Stück für Stück bauen wir das Team hinter den Kulissen auf. Wie bei jedem Start-Up braucht es etwas Zeit. Daher arbeiten wir in gewissen Bereichen mit externer Expertise zusammen, um so den Aufbau voranzutreiben. Gerade der Bereich der Vermarktung steht bei uns im Fokus und hier gilt es, Know-How zu bündeln. In diesem Jahr konnten wir unsere Zuschauerzahl im Vergleich zum Vorjahr vervierfachen – ein tolles Ergebnis. Daran gilt es anzuknüpfen und unsere Marke bekannter zu machen. Dazu werden wir unsere PR-Arbeit intensivieren, um noch stärker in den Medien vertreten zu sein. In der zurückliegenden Saison waren vier unserer sechs Heimspiele bereits im Free-TV zu sehen, damit waren wir die Franchise mit den meisten Fernsehübertragungen. Jedoch war die generelle Berichterstattung für mich noch nicht zufriedenstellend – das möchte ich im nächsten Jahr verbessern.  

herthabsc.com: Ihr steckt noch etwas in der Off-season, ehe die Saison 2023 wohl im Frühsommer startet. An welchen Baustellen gilt es in den kommenden Monaten zu arbeiten? 
Hoge: Wir sind bereits mitten in den Vorbereitungen – und zwar in allen Bereichen. Sportlich gesehen stecken wir mitten im Recruiting der Spieler und konnten auch bereits einige Signings verkünden. Ebenso haben wir gerade ein Off-season-Programm für die Spieler erstellt, denn die Vorbereitung ist das A und O für jeden Einzelnen. Im besonderen Fokus steht dazu natürlich die Sponsoren- und Partnergewinnung für die neue Saison. Dieser Aufbau hat eine besondere Bedeutung, da es unseren wichtigsten Revenue-Stream für die Franchise darstellt. Die Vermarktung der Franchise ist das Fundament für den soliden und profitablen Aufbau des wirtschaftlichen Bereichs.

Diana Hoge lächelt in die Kamera.
Diana Hoge, Geschäftsführerin von Berlin Thunder, im Portrait.

herthabsc.com: Neben dir führen Ex-NFL-Spieler Björn Werner und Ronny Boldt Berlin Thunder. Wie teilt ihr euch eure Aufgaben auf? Wie groß ist euer Team insgesamt? 
Hoge: Björn Werner und Ronny Boldt sind zwei der fünf Gesellschafter der Franchise. Björn ist zudem noch Sportdirektor. Wir haben uns in den sportlichen und wirtschaftlichen Bereich aufgeteilt. Björn und Johnny Schmuck, unser Head Coach, sind für den sportlichen Bereich verantwortlich. Ich bin als Geschäftsführerin für alle wirtschaftlichen und vermarktungsrelevanten Aufgaben verantwortlich. Natürlich sind wir in einem sehr engen Austausch und in intensiver Zusammenarbeit, da am Ende des Tages alles zusammenspielt. Momentan sind wir noch ein sehr kleines Team. In der Off-season und für die Vorbereitungsphase sind wir fünf Personen im Office sowie drei Coaches. In der Saison sieht es etwas anders aus – da kommen wir auf 14 Coaches und im Office kommen auch etwa drei Personen hinzu. Die meiste Man-Power benötigen wir jedoch an den Spieltagen. Hier arbeiten wir hauptsächlich mit Volunteers zusammen – bei denen ich mich an dieser Stelle auch noch einmal bedanken möchte! Denn man muss sich vorstellen: Das sind bis ca. 30 Volunteers, die uns hier in den ganz unterschiedlichen Bereichen von Auf- und Abbau über Ticketing oder Statistik bis hin zum Balljungen unterstützen. Wer Lust hat, uns kommende Saison zu supporten, kann sich jederzeit bei uns melden (E-Mail)!

herthabsc.com: Mit Johnny Schmuck und weiteren Trainern habt ihr den Vertrag verlängert. Wie schwierig ist es, im sportlichen Bereich für Kontinuität zu sorgen? 
Hoge: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, generell einen langfristigen und lokalen Kern an Spielern und Trainern aufzubauen. Dies ist nur möglich, wenn wir solide und funktionierende Strukturen schaffen, die es uns ermöglichen, die beste Franchise auch abseits des Feldes zu sein. Das spricht sich natürlich rum und macht unser Recruiting einfacher. Der Markt in Deutschland ist hart umgekämpft – gerade in Bezug auf lokale Spieler. Da braucht es natürlich ein gut funktionierendes System im Hintergrund, damit die Spieler für unsere Franchise spielen wollen. Man darf auch nicht vergessen, dass die lokalen Spieler noch keine Profisportler sind, sondern dies neben ihren Jobs oder ihrem Studium machen. Wie in der NFL gibt es in der ELF ein Salary Cap für eine wettbewerbsfähige Balance. Umso wichtiger ist natürlich das drumherum. auch für die "Importspieler". Wir dürfen vier amerikanische Spieler und sechs europäische Spieler unter Vertrag nehmen. Die Zahl der europäischen Akteure wird nach und nach reduziert, um so den Aufbau der lokalen Spieler zu fördern.

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Wir haben uns zum Ziel gesetzt, generell einen langfristigen und lokalen Kern an Spielern und Trainern aufzubauen. Dies ist nur möglich, wenn wir solide und funktionierende Strukturen aufbauen, die es uns ermöglichen, die beste Franchise auch abseits des Feldes zu sein.
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-Diana Hoge

herthabsc.com: Ihr seid auf einem guten Weg! In diesem Jahr habt ihr es wieder geschafft, dass sich einige eurer Spieler mit starken Leistungen für den NFL International Combine qualifiziert haben. Was würde es für die Thunder-Nation, aber auch die ELF bedeuten, wenn über diesen Weg ein Akteur in der amerikanischen Ausnahmeliga landen würde? 
Hoge: Es macht uns wahnsinnig stolz, dass sich zwei Spieler, Tobias Rodlauer und Stanley Zeregbe, für das NFL Combine qualifiziert haben. Das zeigt, was für eine tolle Plattform die Liga und die einzelnen Franchises für die Spieler und den Sport aufgebaut haben. Vergangenes Jahr haben Spieler der European League of Football den Schritt in die NFL geschafft, was ein großer Traum für jeden Footballer ist. 

herthabsc.com: Es ist natürlich noch etwas hin, aber was müsste passieren, dass du in einem Jahr erneut von einer erfolgreichen Saison sprechen würdest? 
Diana Hoge: Championship-Finale (lacht)! Das ist natürlich unser übergeordnetes Ziel. Aber wie heißt es so schön, Spiel für Spiel, Woche für Woche! Dieses Jahr sind wir knapp an den Play-offs vorbei, daher wollen wir erst einmal die Play-offs erreichen und dann das Finale! Das Spannende an unserer Liga ist ja, dass die Karten jedes Jahr neu gemischt werden – es kommen neue Teams hinzu, die Mannschaften verändern sich und man kann nur schwer im Vorfeld das Favoriten-Team erkennen. Aus Vermarktungssicht ist es für mich eine erfolgreiche Saison, wenn wir unsere Zuschauerzahlen weiter erhöhen, unser Partnernetzwerk weiter erfolgreich ausbauen, unsere Fan-Community sich vergrößert und wir unser internes Team weiter vergrößen können, um die Franchise auf das nächste Level zu heben. 

von Florian Waldkötter