Ehrliche Punkte nach bestandener Prüfung
Lange genug hatten sie darauf gewartet. Um genau zu sein 182 Tage. Umso ausgiebiger und ausgelassener fiel der Jubel nach dem 2:1-Sieg gegen Schalke 04 am Sonntagabend vor der Ostkurve aus. Ein Blick in die Gesichter unserer Herthaner verriet nicht nur, wie viel Kraft das Duell gekostet hat, sondern vor allem wie groß die Erleichterung über den ersten Heimsieg der laufenden Saison war. „Ein brutal schwieriges Spiel gegen eine Schalker Mannschaft, die sehr gut eingestellt und sehr aggressiv war. Wir sind sehr glücklich, dass wir die Punkte hierbehalten haben“, freute sich Sandro Schwarz, der seine feiernden Schützlinge aus etwas Distanz zufrieden verfolgte.
Aber der Reihe nach. Schon vor der Partie hatten die Fans in der Kurve eine Botschaft an ihre Mannschaft gerichtet und sicherten ihr Unterstützung zu. „Belohnt euch für euren Kampf – mit drei Punkten in der Hand!“ stand auf einem Banner geschrieben. Nach vielen ordentlichen Leistungen ohne Happy End sollte es nun endlich mit dem Dreier im Olympiastadion klappen. Auf dem Rasen mussten sich unsere Jungs gegen die Gäste aus Gelsenkirchen, die nach dem Trainerwechsel motiviert bis in die Haarspitzen antraten, wehren. „Zu Beginn sind wir eigentlich ganz ordentlich ins Spiel gekommen und hatten die eine oder andere Abschlussmöglichkeit“, befand Sandro Schwarz.
Ballbesitz und Positionsspiel mit Luft nach oben
Doch dann musste unser Coach mit seinen Schützlingen einen doppelten Schreckmoment überstehen, als zwei Tore der Knappen nicht zählten. „Danach hat es ein wenig gehakt. Im Ballbesitz und Positionsspiel haben wir nicht die Räume und den Tiefgang gefunden, den wir brauchen“, zeigte sich unser Übungsleiter selbstkritisch. Dem schloss sich unser Kapitän, der mit seinem Team streckenweise über 60 Prozent aller Aktionen am runden Kunstleder verzeichnete, an. „Wir wussten, dass Schalke etwas mit dem Rücken zur Wand steht und sich demzufolge in jeden Zweikampf reinhauen würde. Teilweise waren wir nicht sauber genug im Spiel nach vorne“, bemängelte Marvin Plattenhardt.
Während die Geschichte in der ersten Hälfte damit auserzählt war, nahm der Plot der Partie zum Abschluss des 11. Spieltags im zweiten Durchgang Fahrt auf. Lucas Tousart – wie schon in den Vorwochen ein Vorbild an Kampf und Leidenschaft – legte seine ganze Energie in einen Schuss aus der zweiten Reihe und traf zum 1:0. „In den vergangenen Wochen hatten wir regelmäßig Pech, diesmal wurden wir aber zum Glück belohnt“, sagte Suat Serdar zur Führung seines Nebenmanns, die S04-Torwart Alexander Schwolow an einem guten Tag sicher verhindert hätte.
[>]Das war ein perfekter Moment und hoffentlich nicht das letzte Mal, dass ich einen Treffer so bejubeln darf. Wir sind nach dem Ausgleich als Team drangeblieben, die Fans haben uns weiter unterstützt und wir haben alle an den Sieg geglaubt.[<]
Den Glauben nicht verloren
Allerdings gab der knappe Vorsprung nicht in allen Situationen die gewünschte Sicherheit. „Wir hätten in einigen Phasen des Spiels besser rausschieben sollen, auch wenn die Defensivarbeit grundsätzlich in Ordnung war“, sagte Schwarz. Und so schien es, als wenn der Fußballgott es wieder einmal nicht mit unserem Hauptstadtclub halten würde, nachdem Florent Mollet spät den Ausgleich besorgte (85.). „In den letzten zehn Minuten vor dem Gegentor haben wir ein bisschen zu tief gestanden und ein paar Fehler gemacht“, resümierte unsere Nummer 1.
Der Schlusspunkt dieser Begegnung gehörte allerdings unseren Spreeathenern und ausgerechnet einem Mann, der zuletzt alles andere als Abschlussglück hatte: Wilfried Kanga. Nach perfektem Zuspiel von Stevan Jovetić vollstreckte unsere Nummer 18 eiskalt und brachte das weite Rund regelrecht zum Explodieren (88.). Es folgte ein Jubellauf quer über den Platz zur Kurve und zur eigenen Bank. „Das war ein perfekter Moment und hoffentlich nicht das letzte Mal, dass ich einen Treffer so bejubeln darf. Wir sind nach dem Ausgleich als Team drangeblieben, die Fans haben uns weiter unterstützt und wir haben alle an den Sieg geglaubt“, sprudelte es aus unserem Angreifer heraus, für den sich seine Kollegen und sein Trainer extrem gefreut haben. „Wir wissen, was wir an Willy haben. Er haut sich jedes Mal rein und hat sich endlich belohnt. Jetzt wird die Brust breiter, der Kopf fängt weniger an zu überlegen“, sagte Schwarz.
Boëtius feiert sein Comeback
Reingehauen und belohnt – das haben sich an diesem Abend alle Blau-Weißen und dafür fand unser Trainer auch wegen des Comebacks von Jean-Paul Boëtius zum Abschluss die passenden Worte. „Was wir in der zweiten Halbzeit abgeliefert haben an Haltung und Einsatzbereitschaft, das war top. Die Jungs können mit Rückschlägen umgehen, das haben sie in den vergangenen Wochen und auch in diesem Spiel wieder bewiesen. Gerade mit dem späten Siegtreffer war es das perfekte Drehbuch. Die Prüfung so zu bestehen, wie wir das gemacht haben, stimmt uns sehr glücklich.“
[>]Die Jungs können mit Rückschlägen umgehen, das haben sie in den vergangenen Wochen und auch in diesem Spiel wieder bewiesen. Gerade mit dem späten Siegtreffer war es das perfekte Drehbuch. Die Prüfung so zu bestehen, wie wir das gemacht haben, stimmt uns sehr glücklich.[<]