Kiek ma, wer da kommt: Leverkusen
Mitte der zweiten Halbzeit zappelte der Ball gleich zwei Mal im gegnerischen Netz. Dennoch setzte es für Bayer 04 Leverkusen zum Auftakt in die neue Spielzeit der UEFA Champions League eine bittere 0:1-Niederlage bei Club Brügge. Denn Patrik Schick hatte sich vor den vermeintlichen Treffern jeweils im Abseits aufgehalten. Beide Szenen standen ebenso symptomatisch für die bisherige Saison des Werksclubs wie das einzige Gegentor am Mittwochabend, als Lukáš Hrádecký äußerst unglücklich mit dem Kunstleder in seinen Händen zu Boden sank und hinter der Linie landete. „Ich weiß nicht, wo das Glück hin ist“, rätselt Robert Andrich, während sein Mitspieler zwischen den Pfosten deutlichere Worte wählte: „Wenn man in der Scheiße liegt, dann ist es richtig Scheiße“, bilanziert Hrádecký. Damit bestätigte der Schlussmann, was anhand der Ergebnisse offensichtlich ist: Es läuft aktuell einfach noch nicht rund beim zweitbesten Bundesligisten der vergangenen Rückrunde. Vor dem anstehenden Gastspiel der Rheinländer in Berlin (10.09,22, 15:30 Uhr, hier noch Tickets buchen), hat sich herthabsc.com genauer mit dem Kontrahenten unserer Blau-Weißen beschäftigt.
Die sportliche Situation: Von den ersten sieben Pflichtspielen in 2022/23 verlor Gerardo Seoanes Mannschaft sechs. Eine derartige Serie hat der 43-jährige Trainer in seiner bisherigen Laufbahn noch nicht erlebt. „Es ist meine Aufgabe, den Fokus auf die Mannschaft zu legen und das persönliche Empfinden zur Seite zu schieben. Ich muss das Team gut vorbereiten und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es ist eine Herausforderung, die ich annehme“, so der Schweizer. Dabei hat sich der dem eidgenössischen Chefcoach zur Verfügung stehende Kader im Sommer kaum verändert: Kein einziger Leistungsträger ist gegangen, lediglich Florian Wirtz fehlt schon seit März aufgrund eines Kreuzbandrisses. Dennoch setzte es nach dem überraschendem Aus im DFB-Pokal beim Drittligisten aus Elversberg (0:3) auch in Dortmund (0:1) sowie gegen Augsburg (1:2), Hoffenheim (0:3) und Freiburg (2:3) Pleiten. „Natürlich sind wir nicht zufrieden mit den Resultaten – ein Erfolgserlebnis ist nun das Allerwichtigste“, unterstreicht Seoane, der Bayer seit 2021 coacht und dem dabei direkt die Rückkehr in die Königsklasse gelang. Zu was Schick und Co. aber eigentlich fähig sind, bewiesen die Farbenstädter beim bislang einzigen Dreier, der in Mainz (3:0) gelang.
[>]Natürlich sind wir nicht zufrieden mit den Resultaten – ein Erfolgserlebnis ist nun das Allerwichtigste.[<]
Die Leverkusener im Fokus: Bei jenem Erfolg in Rheinhessen trumpfte Jeremie Frimpong mit einem Doppelpack auf. Der Rechtsverteidiger weiß vor allem mit seinem Tempo und Vorwärtsdrang zu überzeugen, weswegen er zuletzt auch häufiger als Schienenspieler zum Einsatz kam. Als Lohn für seine überzeugenden Leistungen in den vergangenen Wochen nominierte Bondscoach Louis van Gaal den 21-Jährigen für das vorläufige Angebot für die anstehenden Länderspiele mit der niederländischen Nationalmannschaft. Bislang stand der gebürtige Amsterdamer nur für die U21-Auswahl von Oranje auf dem Platz. Da ist der gleichaltrige Callum Hudson-Odoi schon einen Schritt weiter. Bereits 2019 feierte der Engländer nämlich sein Debüt bei den Three Lions. Dennoch war der gebürtige Londoner beim FC Chelsea zu Saisonbeginn außen vor, auch deshalb kehrte er seinem Ausbildungsclub erstmals den Rücken und wechselte zum Ende der Transferperiode leihweise nach Nordrhein-Westfalen. „Er bringt alles mit, um uns sofort weiterzuhelfen. Callum hat weit über 100 Pflichtspiele für die Blues bestritten, sich in der Premier League und auch in der UEFA Champions League bewährt. Mit ihm bekommt unser Angriffsspiel nochmals eine besondere Komponente“, erklärte Bayers Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes.
Die Schnittstellen: Auf Profi-Ebene trug weder ein Spreeathener noch ein Leverkusener bislang das Trikot des jeweils anderen Vereins. Robert Andrich absolvierte seine fußballerische Ausbildung jedoch in unserer Akademie. Der gebürtige Berliner lief zwischen 2003 und Winter 2015 mit der Fahne auf der Brust auf. Im vergangenen Jahr wechselte der Mittelfeldspieler unter das Bayer-Kreuz, wo er nun seine Premiere in der Königsklasse gefeiert hat. „Ich habe vor fünf oder sechs Jahren gesagt: Wenn ich 27 bin, spiele ich Champions League. Das hat sich damals wohl ein bisschen größenwahnsinnig angehört. Jetzt bin ich 27 und habe es geschafft. Darauf bin ich sehr, sehr stolz“, verriet der 1,87-Meter-Mann. Ebenfalls eine Vergangenheit an der Spree besitzt zudem Falko Götz. Dem heutigen Leverkusen-Scout assistierte während seiner Zeit als Übungsleiter bei unserem Hauptstadtclub von 2004 bis 2007 im Übrigen Andreas Thom. Inzwischen ist der 57-Jährige, der als Profi fünf Saisons für Bayer bestritt, Co-Trainer unserer U19.
Die besonderen Duelle: Dodi Lukébakio scheint eine Vorliebe für Heimspiele gegen den Gewinner des DFB-Pokals von 1993 zu haben. Der Belgier traf mit unserer Alten Dame bislang zwei Mal im Olympiastadion auf die Rheinländer – dabei gelangen zwei Dreier, zu denen er drei Scorerpunkte beisteuerte. Beim 3:0-Sieg in der Saison 2020/21 bereitete unsere Nummer 14 zwei Treffer vor, eine Spielzeit zuvor traf er selbst, als unsere Herthaner die Werkself mit 2:0 bezwangen. Aus diesem Grund verwundert es auch nicht wirklich, dass der 24-jährige Rechtsaußen schon unmittelbar nach dem Sieg in Augsburg klarstellte: „Wir haben jetzt schon Bock aufs Heimspiel gegen Leverkusen!“
Die Meinung über unsere Elf: Der Fokus im Bayer-Lager liegt derzeit auf den eigenen Leistungen. „Wir müssen uns an den Stärken orientieren und die Punkte ansprechen, die uns um die Resultate bringen“, erklärte Seoane auf der Spieltags-Pressekonferenz mit Blick auf den vorangegangenen Auftritt seines Teams. Vor allem der zweite Abschnitt gegen Brügge habe einige positive Aspekte geliefert, so der Ex-Profi. „Da haben wir viel schnörkelloser nach vorne gespielt, auch defensiv waren wir kompakter. Daran gilt es anzuknüpfen“, gibt der Fußballlehrer die Marschroute vor.