Lorenz Horr blickt im blau-weißen Trikot in die Kamera.
Historie | 27. September 2022, 00:01 Uhr

Lorenz "Lenz" Horr wird 80!

Nachdem unsere Herthaner 1968 in der Bundesliga-Aufstiegsrunde überraschend mit 1:2 beim SV Alsenborn unterliegen, will Trainer Helmut "Fiffi" Kronsbein den Doppel-Torschützen Lorenz Horr sofort für den Bundesliga-Rückkehrer verpflichten. Zunächst zögert der begehrte Stürmer, zur Saison 1969/70 gibt er dem Werben jedoch nach und wechselt für die damalige Rekord-Ablösesumme von 337.000 DM an die Plumpe. In der von Vereinspräsident Gerhard Bautz geführten Schultheiss-Brauerei in Moabit unterzeichnet Horr seinen Vertrag. Allerdings ist die Neuerwerbung aufgrund eines Platzverweises noch mehr als zwei Monate gesperrt. In dieser Zeit hadert der Neu-Berliner mit sich selbst: „Dieses Foul! Ich könnte mich noch heute ohrfeigen. Nie in meinem Leben hat man mich bisher vom Platz gestellt. Und jetzt das. Und Hertha muss darunter leiden.“

[>]
Dieses Foul! Ich könnte mich noch heute ohrfeigen. Nie in meinem Leben hat man mich bisher vom Platz gestellt. Und jetzt das. Und Hertha muss darunter leiden.
[<]

-Lorenz Horr

Nationale Spitzenklasse

Am 30. August 1969 darf der Torjäger endlich debütieren. In der Bundesliga-Partie gegen Alemannia Aachen holt er zwei Minuten vor Spielende gleich einen Elfmeter zum siegbringenden 2:1 heraus. Nachdem Lenz in den folgenden Bundesliga-Spielen in Essen und Stuttgart seine ersten beiden Treffer für unsere Berliner markiert, muss er im Heimspiel gegen den 1. FC Köln vor inoffiziell über 100.000 Fans im Olympiastadion den nächsten Rückschlag hinnehmen. In einem Zweikampf mit Torwart Manfred Manglitz zieht Horr sich einen Schultergelenkriss zu, der ihn fast drei Monate außer Gefecht setzt. Trotz dieser bitteren Verletzung fordert der kicker auf seiner Titelseite: "Horr muss in Mexiko dabei sein!" Und tatsächlich gehört der Herthaner zum 40er-Spielerkader, den der DFB 1970 an die FIFA meldet. Für den überraschenden Tabellendritten erzielt der Neuzugang in 22 Partien insgesamt 13 Tore und rangiert damit auf dem zehnten Platz der besten deutschen Bundesliga-Torschützen. Die Konkurrenz mit Spielern wie Gerd Müller oder Uwe Seeler ist letztendlich jedoch zu groß. So bleibt der Publikumsliebling bei der Nominierung für das Turnier unberücksichtigt.

Steter Qualitätsgarant

1970/71 startet Hertha erwartungsfroh in die neue Saison, auch das Fachblatt Fußball-Woche fragt: "Kommt der Meister 71 aus Berlin?" Horr untermauert mit 20 Treffern in 33 Einsätzen als bester Spreeathener Torschütze seine Ambitionen. Lediglich beim letzten Saisonspiel des erneuten Tabellendritten gegen Arminia Bielefeld steht der Torjäger verletzungsbedingt nicht im Aufgebot. Damit entgeht er einer Verwicklung in die bei mehreren Vereinen vermeintlich stattfindenden Spielabsprachen, in deren Folge der DFB seine gesamten Mitspieler nach und nach sperrt. Als Mannschaftskapitän führt er 1972/73 eine mit neuen Gesichtern gespickte Berliner Elf auf das Spielfeld - als Routinier und Vorbild, an dem sich besonders die jungen Spieler orientieren. Von 1971 bis zur inoffiziellen Vizemeisterschaft 1975 bestreitet Horr unglaubliche 132 von 136 möglichen Bundesliga-Spielen und erzielt dabei 33 Tore. 1976 erreicht er mit unserer Mannschaft das Halbfinale des DFB-Pokals und zieht ein Jahr später ins Endspiel ein. Dieses endet gegen Köln mit 1:1 nach Verlängerung und hat das erste wiederholte Finale in der Geschichte zur Folge. Nach einem 0:1 bleibt dem 34-Jährigen der Pokaltriumph in seinem letzten Spiel für Hertha jedoch nicht vergönnt.

Lorenz Horr im Zweikampf mit einem Stuttgarter.
Für Hertha am Ball ein Erfolgsgarant: Lorenz Horr.

Herausragende Arbeitsnachweise 

Von 1969 bis 1977 kommt Horr in 319 Pflichtspielen im blau-weißen Trikot zum Einsatz, in denen er 119 Treffer erzielt. Mit seinen 75 Toren in 240 Bundesliga-Partien rangiert er als drittbester Torschütze lediglich hinter Michael Preetz und Erich Beer. Im DFB-Pokal belegt er in der vereinsinternen Bestenliste mit 14 Torerfolgen in 30 Einsätzen sogar den zweiten Platz. Zudem erzielt der Stürmer in 23 Messe- bzw. UEFA-Pokal-Spielen 15 Tore. Im Mai 1971 ist er beim 6:2 gegen Eintracht Frankfurt gleich vier Mal erfolgreich. Neben Wolfgang Gayer, Beer und Bart Goor gehört er damit zum erlesenen Kreis von vier Spielern, die in einer Partie vier Tore für unsere Farben erzielen. Zudem ist Lenz der bis zum heutigen Tage einzige Spieler der Vereinsgeschichte, der in insgesamt vier Endspiel-Partien ein Tor erzielt hat.

Horr, der mit seiner Ehefrau Hannelore gerade die diamantene Hochzeit begangen hat, lebt mittlerweile in der Ortsgemeine Enkenbach-Alsenborn im Landkreis Kaiserslautern. Dem nun 80-Jährigen gebührt die höchste Wertschätzung für seine großen Verdienste rund um unseren Verein sowie für die vielen begeisternden Momente, die er unseren Fans mit seiner unnachahmlichen und unverwechselbaren Spielweise beschert hat.

Hertha BSC gratuliert Lorenz Horr ganz herzlich zu seinem Ehrentag und übersendet ihm die allerbesten Wünsche für viele weitere frohe und gesunde Lebensjahre!

von Frank Schurmann