Michael Sziedat posiert mit drei Bällen, die eine 200 abbilden.
Historie | 22. August 2022, 09:00 Uhr

#HerthaMuseum: Eine Berliner Pflanze – Michael Sziedat wird 70!

Diese Konstellation hatte es in sich: An der Seite von Erich „Ete“ Beer und Erwin Hermandung präsentiert sich Michael Sziedat im Juni 1971 auf dem Herthaplatz erstmals öffentlich in unseren Vereinsfarben. Neben den beiden erfahrenen Haudegen zählt der gerade einmal 18-jährige Jugend-Nationalspieler zu den Neuzugängen unserer Alten Dame. Den gebürtigen Berliner hat Trainer Helmut „Fiffi“ Kronsbein vom BFC Preussen an die Plumpe geholt.

Bundesliga-Debüt

Gleich zum Bundesliga-Auftakt beim VfB Stuttgart beruft der Übungsleiter den Jungen aus Lichterfelde in die Startelf. Acht Tage vor seinem 19. Geburtstag zahlt der Defensivspieler bei seiner Premiere zwar noch Lehrgeld, dennoch deutet er trotz der deutlichen 0:3-Niederlage im Neckarstadion sein großes Potenzial an. Und so gehört der zweikampfstarke Rechtsverteidiger, dessen Markenzeichen die stets heruntergelassenen Stutzen sind, nach fünf Kurzeinsätzen ab dem 12. Spieltag bereits zur Stammformation. Sziedat absolviert die verbleibenden 23 Begegnungen jeweils über die volle Spielzeit.

Ein Porträt von Michael Sziedat aus der Saison 1971/72.
Frisches Blut für unsere Alte Dame: Der 18-jährige Michael Sziedat.

Stammspieler und Tor-Premiere

In der ersten Partie der Saison 1972/73 erzielt der Herthaner im heimischen Olympiastadion seinen Premieren-Treffer in der Bundesliga. Sein zwischenzeitliches 2:2 gegen Fortuna Düsseldorf kann die 2:3-Pleite jedoch nicht verhindern. Im Verlauf der Spielzeit gehört er mit 2.970 von 3.060 möglichen Spielminuten bei 33 Einsätzen und vier Toren zu den absoluten Stützen unserer Herthaner, für die aufgrund der Nachwirkungen des Bundesliga-Skandals von 1971 einzig der Klassenerhalt zählt. Dieser gelingt und im Folgejahr hat Sziedat bei erneut 33 Einsätzen (drei Treffer) einen großen Anteil daran, dass unsere Blau-Weißen als Achter einen sportlichen Aufwärtstrend verzeichnen.

Meilenstein im Alter von 25 Jahren

Auch in den kommenden Spielzeiten bleibt der Rechtsfuß ein Erfolgsgarant für unsere Berliner. Er ist Teil der Mannschaft, die 1975 die Vizemeisterschaft erringt, ein Jahr später zunächst ins Halbfinale und 1977 sogar ins Finale des DFB-Pokals einzieht. Den Titel verpasst unsere Mannschaft nach zwei Kräftemessen mit dem 1. FC Köln allerdings sehr unglücklich. 1977/78 feiert der zu diesem Zeitpunkt 25-Jährige ein ganz persönliches Jubiläum. Beim 2:0 gegen Bremen bestreitet Sziedat am 12. Spieltag als erster Berliner sein 200. Bundesliga-Spiel für unsere Farben.

Im weiteren Saisonverlauf spielt sich Hertha BSC zeitweilig in den Kreis der Meisterschaftsanwärter. Am Ende qualifiziert sich die Elf um unseren Jubilar, der alle 34 Punktspiele absolviert, als Dritter für die Teilnahme am UEFA-Pokal. In der Spielzeit 1978/79 kommt Sziedat mit 49 Partien in der Bundesliga, im DFB-Pokal sowie auf internationaler Bühne zu den meisten Einsätzen seiner Karriere an der Spree.

Während sich unsere Herthaner die Ligazugehörigkeit im Oberhaus erst am vorletzten Spieltag sichern, präsentieren sie sich in den Pokal-Wettbewerben von ihrer besten Seite – auch wenn dem Club erneut ein Titelgewinn verwehrt bleibt. Unsere Alte Dame zieht aufgrund der Auswärtstoregel nicht nur im Europapokal gegen Roter Stern Belgrad den Kürzeren. Auch im Endspiel des nationalen Pokals verlieren die Blau-Weißen gegen Fortuna Düsseldorf durch ein spätes Gegentor in der Verlängerung.

Michael Sziedat spielt einen Pass.
Dauerbrenner: In der Saison 1978/79 kommt Sziedat für unsere Blau-Weißen 49 Mal zum Einsatz.

Abstieg & Abschied

Nach den Abgängen von Leistungsträgern wie Norbert Nigbur, Erich „Ete“ Beer und Hans „Hanne“ Weiner steht für Sziedat die sportlich schwierigste Saison im blau-weiß gestreiften Dress bevor. Nach nur drei Erfolgen aus 17 Partien stehen die Berliner zwischenzeitlich auf dem letzten Platz. Sziedats einstiger Förderer, Helmut „Fiffi“ Kronsbein, kehrt auf die Trainerbank zurück und schafft die Trendwende. Am letzten Spieltag kommt es zum entscheidenden Spiel gegen den VfB Stuttgart. Am 31. Mai 1980 führt Sziedat seine Elf als Kapitän aufs Spielfeld. Doch sein erstes Saisontor, die Unterstützung von 51.000 Fans im Stadion und der 4:2-Sieg gegen die Schwaben reichen wegen fehlender Schützenhilfe nicht zum Klassenverbleib. Hertha BSC muss trotz umgerechnet 40 Punkten erstmals aus sportlichen Gründen in die 2. Bundesliga absteigen – die um zwei Treffer schlechtere Tordifferenz besiegelt den Gang in die Zweitklassigkeit schließlich.

Für das blau-weiße Urgestein ist es ein bitterer Moment – und zugleich das 280. und letzte Bundesliga-Spiel für unsere Spreeathener. Ein Wert, den erst knapp 30 Jahre später Pál Dárdai überbieten wird. Außerdem in Sziedats Vita: 45 Einsätze im DFB-Pokal, 16 Partien im UEFA-Pokal und 30 Begegnungen im Intertoto-Cup zwischen 1971 bis 1980. Auch im DFB-Ligapokal 1972 ist der Defensivspezialist in allen sechs Spielen dabei.

Michael Szeidat (rechts) bei der Platzwahl.
Natürlich trug Michael Sziedat während seiner Zeit bei unserem Hauptstadtclub auch die Binde am Arm.

Von der Alten Dame zu den Adlern

Nach dem Abstieg wechselt der Berliner zu Eintracht Frankfurt. Mit dem amtierenden UEFA-Pokal-Sieger trifft er sogar auf seinen Ex-Klub. Im Halbfinale des DFB-Pokals 1980/81 setzen sich die Adler im Waldstadion gegen unsere Blau-Weißen mit 1:0 durch. Vier Wochen später folgt die Krönung durch einen Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern. Sziedat ist DFB-Pokalsieger – ein Triumph, den er mit Hertha BSC verpasst hat.

Rückkehr und Karriereende

Zur Saison 1984/85 kehrt Michael Sziedat schließlich wieder aus der Main-Metropole an die Spree zurück. Nach 18 Spielen in der 2. Bundesliga und zwei Partien im DFB-Pokal hängt er im April 1985 dort, wo alles begann, seine Fußball-Schuhe an den Nagel. „Mit Hertha habe ich alles mitgemacht“, sagt die Vereinsikone deshalb auch treffend.

Wir gratulieren Michael Sziedat herzlich zum 70. Geburtstag und wünschen unserem ehemaligen Rekordspieler weiterhin alles erdenklich Gute und beste Gesundheit.

von Frank Schurmann