Kiek ma, wo dit hinjeht: Köpenick
Im Fußball gibt es Spiele, die gemeinhin anders sind. Anders im Sinne von unvorhersehbar. Dazu zählen Spiele im DFB-Pokal wie am vergangenen Wochenende, aber auch Nachbarschaftsduelle. Sowohl unsere Herthaner als auch die Spieler des 1. FC Union müssen sich nach den Erstrunden-Partien in diesem Wettbewerb so gesehen gar nicht sonderlich umstellen: Schließlich steht zum Auftakt in die neue Bundesliga-Saison am Samstag (06.08.22, 15:30 Uhr) sogleich das direkte Aufeinandertreffen an. „Ein Derby hat eigene Gesetze“, stellt Christopher Trimmel mit Blick auf das bevorstehende Kräftemessen fest. Der Kapitän der Köpenicker nimmt diese Erkenntnis aus bislang sieben Begegnungen mit unserer Alte Dame. „Natürlich spüre ich im Vorfeld nach wie vor ein Kribbeln. Ich mag solche Spiele, die tun der Stadt gut“, erklärt der 35-jährige Österreicher. An einer Tatsache stört sich der Rechtsverteidiger allerdings: „So eine Paarung am ersten Spieltag finde ich schwierig. Ich hätte sie lieber zu einem etwas späteren Zeitpunkt gesehen. Aber im Endeffekt bestehen für beide die gleichen Bedingungen. Keine Mannschaft weiß so richtig, wie weit sie ist. Von daher wird es spannend“, so Trimmel. Vor unserem Gastspiel im Berliner Südosten nimmt herthabsc.com den Lokalrivalen noch einmal unter die Lupe.
Die sportliche Situation: In der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals hatten die Eisernen beim Chemnitzer FC mit reichlich Widerstand zu kämpfen. Am Ende stand in Sachsen ein 2:1-Erfolg nach Verlängerung zu Buche. „Wir haben uns schwergetan, weil wir schlecht gespielt haben. Uns ist es nicht gelungen, Tiefe zu finden. Wir sind nicht nachgerückt und standen teilweise mit vier, fünf Leuten hinten. Es sollte eigentlich besser funktionieren“, legte Oliver Ruhnert, der Geschäftsführer Profifußball des FCU, den Finger in die Wunde. In der Vorbereitung gelangen den Köpenickern hingegen fast ausschließlich positive Resultate: Von sieben Testspielen endeten fünf mit einem Sieg für das Team von Trainer Urs Fischer, lediglich im Duell mit Eintracht Braunschweig zu Beginn des Sommers setzte es eine Niederlage. Dank Rang fünf in der Abschlusstabelle des deutschen Oberhauses 2021/22 geht der Aufsteiger von 2019 in der neuen Spielzeit darüber hinaus auch erstmals in der UEFA Europa League an den Start. „Wir wissen, dass wir in der Öffentlichkeit jetzt vielleicht hin und wieder als Favorit gelten. Aber intern haben wir kein anderes Ziel als den Klassenerhalt und wissen, dass die Bundesliga unser Kerngeschäft bleibt“, sagt Trimmel zu den Vorhaben der Rot-Weißen in den kommenden Monaten.
[>]Ein Derby hat eigene Gesetze. Keine Mannschaft weiß so richtig, wie weit sie ist. Von daher wird es spannend.[<]
Die Unioner im Fokus: Beim ersten Pflichtspiel standen in Janik Haberer und Jordan Siebatcheu nur zwei Zugänge in der Startelf, dennoch betont Robin Knoche: „Wir haben wieder viele Neue dazu bekommen, die wir integrieren müssen. Dieser Rhythmus, die Kraft, über 90 oder 120 Minuten zu gehen, die kommt erst nach und nach.“ Der Innenverteidiger geht unterdessen schon in seine dritte Saison bei Union. Den Status eines unumstrittenen Stammspielers hatte er von Beginn an inne. So verpasste der 30-Jährige seit seiner Ankunft lediglich eines von 68 Bundesliga-Spielen – und das aufgrund einer Gelbsperre. Sheraldo Becker musste sich seinen Platz in der Fischer-Elf derweil erst über einen längeren Zeitraum erarbeiten. In der vergangenen Spielzeit gelang dem Cousin des ehemaligen Herthaners Javairô Dilrosun allerdings der Durchbruch. Davon zeugen sechs Treffer und neun Vorlagen in 40 Pflichtspieleinsätzen. Nach den Abgängen von Taiwo Awoniyi und Max Kruse ruhen die Offensivhoffnungen nun auch auf dem Mann aus Amsterdam.
Die Schnittstellen: Im Kader der Eisernen finden sich gleich zwei ehemalige Herthaner. Während Genki Haraguchi zwischen 2014 und 2018 mit der Fahne auf der Brust auflief, absolvierte Tim Maciejewski von 2012 bis 2017 einen Teil seiner fußballerischen Ausbildung in unserer Akademie. Zudem sind sich einige Akteure beider Mannschaften bereits im Verlauf ihrer Karriere begegnet. Wilfried Kanga stürmte in der vergangenen Spielzeit beispielsweise gemeinsam mit Siebatcheu für den BSC Young Boys. „Ich habe mich natürlich mit ihm ausgetauscht. Wir sind uns sehr nahe und bleiben Freunde außerhalb des Platzes, auch wenn wir uns ab sofort als Kontrahenten gegenüberstehen“, verrät der Sturmtank der Unioner. Jessic Ngankam, der unserer Elf verletzungsbedingt nicht zur Verfügung stehen wird, sowie Paul Seguin und Jamie Leweling waren zuletzt ebenfalls Teamkollegen: Alle drei liefen in der vergangenen Runde für Greuther Fürth auf. Aus dem Nachwuchs des AFC Ajax sowie der niederländischen U21 kennen sich Deyovaisio Zeefuik und Jurgen Ekkelenkamp sowie Danilho Doekhi. Davie Selke triumphierte derweil zusammen mit Levin Öztunali im DFB-Trikot bei der U21-Europameisterschaft 2017, außerdem spielten der am Samstag fehlende Marco Richter und Rani Khedira gemeinsam beim FC Augsburg.
Die besonderen Duelle: Ziemlich genau vor zehn Jahren fuhren unsere Spreeathener im dritten Aufeinandertreffen mit dem Stadtnachbarn den ersten Dreier ein. Am 3. September 2012, einem Montag, trafen Sandro Wagner und Ronny beim 2:1-Sieg im Zweitliga-Topspiel. Der Auswärtssieg im Stadion An der Alten Försterei war ein wichtiger Grundstein für den Wiederaufstieg unserer Herthaner. „Die Spieler mussten unglaublich viel investieren. Aber wir sind als Team aufgetreten und haben alles für das Ergebnis getan, das wir hier erreichen wollten: einen Sieg“, erklärte unser damaliger Cheftrainer Jos Luhukay im Anschluss. Zwei weitere Begegnungen, an die alle Blau-Weißen gerne zurückdenken, fanden 2020 statt. Da bezwangen unsere Spreeathener die Eisernen nämlich gleich zwei Mal – jeweils zu Hause mit 4:0 und 3:1.
Die Meinung über unsere Elf: Urs Fischer, der unserem Chefcoach bislang in einem einzigen Pflichtspiel gegenüberstand, hat das Geschehen bei unserer Alten Dame in den zurückliegenden Wochen genau verfolgt. „Sandro Schwarz hat eine klare Vorstellung, wie er seine Mannschaft einsetzt. Hertha ist gut organisiert und steht kompakt, die Handschrift des neuen Trainers ist dabei klar zu erkennen“, sagt der Übungsleiter unserer Gastgeber mit Blick auf das bevorstehende Stadtduell. Der Schweizer verbreitet dennoch Optimismus. „Eine neue Saison hat begonnen, wir haben die Chance dieses erste Spiel zu gewinnen, dafür sind wir gut vorbereitet und wissen, was uns erwartet“, so der 56-Jährige. Dabei ist in einem Derby doch bekanntlich wenig vorhersehbar.