Kiek ma, wer da kommt: Hamburg
Lange Zeit sah es am vergangenen Sonntag so aus, als ob der Hamburger SV genau das tun würde, was er in seinen bisherigen drei abgeschlossenen Zweitliga-Jahren immer getan hat: Die Saison auf dem vierten Platz beenden. Doch nach zwei Treffern in der Schlussviertelstunde in Rostock erkämpften sich die Norddeutschen den ersehnten dritten Rang, der zur Teilnahme an den beiden Relegations-Duellen berechtigt. „Das Spiel bei Hansa war symptomatisch für unsere Saison. Wir sind immer mal wieder hingefallen, aber immer wieder aufgestanden. Keiner hat mehr mit uns gerechnet“, fasst Stürmer Robert Glatzel die Situation der Hanseaten treffend zusammen. Vor dem Hinspiel am Donnerstag (20:30 Uhr) im Berliner Olympiastadion hat sich herthabsc.com in der Gegnervorschau intensiv mit dem Team von Coach Tim Walter auseinandergesetzt.
Die sportliche Situation: Dass der HSV überhaupt noch am 34. Spieltag die Möglichkeit hatte, sich den Relegationsplatz zu schnappen, liegt vor allem an einem starken Schlussspurt. Rangierte das Bundesliga-Gründungsmitglied fünf Begegnungen vor Ende noch mit sieben Punkten Rückstand vermeintlich abgeschlagen auf dem sechsten Rang, feierten die Rothosen in den zurückliegenden Wochen fünf Siege am Stück – und holten als erster Zweitligist seit Einführung der Drei-Punkte-Regelung 1995/96 diesen Rückstand noch auf. „Wir geben niemals auf, egal was kommt. Das zeichnet uns schon die gesamte Saison aus und das trichtert der Trainer uns vom ersten Tag ein“, betont Kapitän Sebastian Schonlau, der gemeinsam mit seinen Kollegen die beste Zweitliga-Spielzeit (60 Punkte) der Vereinsgeschichte abgeliefert hat.
[>]Meine Jungs sind grandios. Sie sind mutig und hören nie auf. Das Rostock-Spiel war sinnbildlich für den neuen HSV.[<]
Die Hamburger im Fokus: Einen großen Anteil an dieser erfolgreichen Performance haben Sonny Kittel und der bereits zitierte Glatzel. Beide Offensivspieler kommen auf jeweils 26 Scorerpunkte. Während Mittelfeldakteur Kittel mit 17 Assists (neun Tore) der beste Vorlagengeber der Liga ist, netzte Torjäger Glatzel 22 Mal (vier Vorlagen) – nur Schalkes Simon Terodde (30 Tore) traf noch häufiger. Insgesamt stellt der sechsmalige Deutsche Meister mit 67 Toren die drittbeste Offensive der 2. Liga. Auch in der Defensive verfügt der ehemalige Bundesliga-Dino über Qualität: Während Torwart Daniel Heuer Fernandes in sieben Partien seinen Kasten sauber hielt, kassierten der Schlussmann und seine Vorderleute insgesamt die wenigsten Gegentreffer (35) aller 18 Zweitligisten. „Meine Jungs sind grandios. Sie sind mutig und hören nie auf. Das Rostock-Spiel war sinnbildlich für den neuen HSV", lobt Walter seine Schützlinge.
Die Schnittstellen: Zwar standen sich beide Trainer auf dem Platz noch nicht gegenüber, dennoch schätzen sich beide. „Wir kennen uns gut. Unser letztes Telefonat liegt aber schon einige Zeit zurück", erklärt der 46-jährige Coach, der 22 Jahre jünger ist als sein Kollege. „Felix hat viel erreicht als Spieler und Trainer. In puncto Erfahrung hat er mir einiges voraus. Unser Team ist jung, hungrig und mutig, das haben wir Hertha vielleicht voraus", unterstreicht Walter. Darüber hinaus gibt es einige Schnittstellen auf Spielerebene: Márton Dárdai und die Hamburger Josha Vagnoman sowie Faride Alidou kennen sich von der deutschen U21-Nationalmannschaft, Niklas Stark schnürte zusammen mit Tim Leibold seine Schuhe in Nürnberg, Alexander Schwolow mit Jonas Meffert in Freiburg und Marc Kempf lief an der Seite von Sonny Kittel bei der Frankfurter Eintracht auf.
[>]Auch wenn Hertha der Favorit ist, wollen wir die Relegation für uns entscheiden, das ist klar. Wir haben Bock auf die Partien und können befreit aufspielen.[<]
Die besonderen Duelle: Das bis dato letzte Punktspiel gegen die Schwarz-Weiß-Blauen im Olympiastadion liegt bereits über viereinhalb Jahre zurück. Alle Herthanerinnen und Herthaner dürften sich allerdings gerne an dieses Aufeinandertreffen zurückerinnern. Ende Oktober 2017 gewannen unsere Spreeathener dank zweier Kopfballtreffer von Niklas Stark – nach einem Freistoß von Marvin Plattenhardt – und Karim Rekik mit 2:1 (1:0). Auch den jüngsten Gastauftritt im Norden entschieden unsere Berliner im März 2018 für sich: Trotz Rückstand bejubelte unsere Alte Dame einen 2:1 (0:1)-Auswärtsdreier beim dreimaligen Pokalsieger. „Wir sind mit dem Spiel und dem Ergebnis natürlich zufrieden. Wir haben in der Pause die Dinge angesprochen, die wir in der ersten Hälfte nicht gut gemacht haben. In der zweiten Halbzeit haben wir nach vorne verteidigt und mehr Pressing gespielt", ordnete Plattenhardt damals zufrieden ein. Zwei Erfolge, die für die beiden anstehenden Vergleiche sowohl an der Spree als auch an der Elbe Mut machen dürften.
Die Meinung über unsere Elf: Dass die Rothosen nach ihrem Lauf mit viel Selbstbewusstsein in die Relegation gehen, spiegelt sich in den Ausführungen der Protagonisten wider. „Auch wenn Hertha der Favorit ist, wollen wir die Relegation für uns entscheiden, das ist klar. Wir haben Bock auf die Partien und können befreit aufspielen", gibt Spielführer Schonlau die Richtung vor. Coach Walter und die Seinen gehen dabei gut vorbereitet in die beiden Duelle. „Hertha BSC hat natürlich eine große individuelle Qualität, das ist klar. Unsere Herangehensweise an dieses Spiel ist dennoch wie immer, auch wenn wir den Gegner nicht aus der Liga kennen. Deshalb ein großes Lob an unsere Analyse-Abteilung: Wir sind sehr gut präpariert und bestens vorbereitet auf diesen Kontrahenten", hebt der Fußballlehrer hervor.