Grafik zum Abschied von Benjamin Weber.
Akademie | 28. Februar 2022, 16:19 Uhr

„Das wird mich mein Leben lang mit Hertha BSC verbinden“

Die offizielle Verabschiedung im Rahmen unseres U23-Heimspiels am Freitagabend, das Mitfiebern bei den Partien unserer beiden Junioren-Bundesligisten am Samstag sowie der letzte offizielle Arbeitstag an diesem Montag: Hinter Benjamin Weber liegen zweifelsohne emotionale wie bewegende Tage zum Abschluss seiner rund 18-jährigen Amtszeit bei Hertha BSC. „Solch eine lange Zeit ist natürlich von zahlreichen schönen Erinnerungen, vielen Erlebnissen und tollen Menschen geprägt. Das alles wird mich mein Leben lang mit dem Club verbinden“, resümiert unser langjähriger Akademie-Leiter im Abschiedsinterview mit herthabsc.com. In diesem kurzweiligen Gespräch schaut der 41-Jährige auf zahlreiche Highlights zurück, verrät amüsante Anekdoten und gibt Einblicke in seine Zukunftsplanung. 

herthabsc.com: Benny, 18 Jahre Hertha BSC gehen an diesem Montag ganz offiziell zu Ende. Nimm uns mal mit: Wie schwer fällt dir der Abschied emotional? Mit welchen Gefühlen blickst du auf die Zeit zurück?
Weber: Puh, das sind schon gemischte Gefühle: Einerseits geht eine unheimlich tolle Zeit zu Ende, ich habe beinahe mein komplettes bisheriges Berufsleben bei Hertha BSC verbracht. Ich bin unfassbar dankbar, dass ich hier so lange tätig sein durfte und hatte enormen Spaß an meinem Job. Auf der anderen Seite freue ich mich, dass ich nach 18 Jahren einen Schnitt mache und mich einer neuen beruflichen Herausforderung stellen möchte. Von daher bin ich dankbar, dass wir zusammen mit der Geschäftsführung und den Gremien einen sauberen Weg gefunden haben. Solch eine lange Zeit ist natürlich von zahlreichen schönen Erinnerungen, vielen Erlebnissen und tollen Menschen geprägt. Das alles wird mich mein Leben lang mit dem Club verbinden.

herthabsc.com: Blicken wir gemeinsam zurück: 2003 hast du bei uns angefangen, seit 2014 unsere Fußball-Akademie geleitet und einiges erlebt: unter anderem den Gewinn der A-Junioren Meisterschaft, das Erreichen der UEFA Youth League sowie zwei Finalteilnahmen im DFB-Pokal der Junioren. An welche Momente denkst du besonders gerne zurück?
Weber: Das sind so viele tolle Situationen und dabei hat jeder Einzelne immer mit besonderen Menschen zu tun. Ich habe immer unheimlich viel Spaß daran gehabt, Wege zu begleiten – ob es Spieler oder Trainer sind. Aber natürlich sticht die deutsche Meisterschaft heraus: Dieser Moment, als das Finale in Oberhausen abgepfiffen wurde, war mit Abstand der emotionalste Augenblick. Nach einer völlig verrückten Saison mit Spielen in Niendorf, das überragende Halbfinale gegen den BVB und schlussendlich das packende Endspiel – das bleibt im Kopf. Darüber hinaus sind es ganz spezielle Situationen, die für immer in Erinnerung bleiben werden. Ganz egal, ob mit Linus Gechter in der U12 in Japan und ihn jetzt in der Bundesliga spielen zu sehen, oder die ganzen Erlebnisse aus der UEFA Youth League in Aserbaidschan sowie die Spiele gegen Paris und Barcelona. Aber auch die Reisen mit den Jüngeren aus der U14 und U15 in England waren absolute Highlights. Kurzum: Ich möchte keinen dieser Momente missen. Und das alles haben wir mit einem geilen Team gemeinsam erreicht – und nur so geht es in der Nachwuchsarbeit.

Benjamin Weber mit der Meisterschale.

herthabsc.com: Neben den klassischen Titeln zählt vor allem die Talentförderung: Seit Akademie-Gründung 2001 haben mittlerweile 82 (!) Bubis den Sprung in die Bundesliga geschafft. Mit wie viel Stolz erfüllt dich das, wenn du Márton Dárdai, Linus Gechter, Anton Kade & Co. im deutschen Oberhaus spielen siehst?
Weber: Es ist jedes Mal eine Riesenfreude – ganz klar. Immer wenn eines unserer Eigengewächse im Bundesliga-Kader steht, schaue ich auf die Jungs, ob sich schon jemand an der Seitenlinie warmmacht und vielleicht seine Minuten bekommt (grinst). Auch wenn wir beispielsweise gegen Leipzig nicht erfolgreich waren, freut es mich unheimlich, dass Anton Kade sein Debüt gefeiert hat. Dass es so viele Jungs in den zurückliegenden Jahren geschafft haben, dafür empfinde ich puren Stolz! Ich kann mich an alle Debüts unserer Bubis erinnern. Ob Maximilian Mittelstädt, der in ganz jungen Jahren schon am ersten Bundesliga-Einsatz geschnuppert hat und den dann unter Pál Dárdai bekommen hat, ob Jordan Torunarigha, Márton Dárdai, Linus Gechter, Anton Kade oder auch Jonas Michelbrink. Es hat mir großen Spaß gebracht, jeden einzelnen Weg mitzubegleiten – und dass ich ein Stück weit mithelfen konnte. Aber auch bei solchen Dingen geht es nur über Teamarbeit. Diese großartige Zahl zeigt einfach, dass der Verein es regelmäßig schafft, eigene Spieler aus der Akademie im Profi-Kader zu etablieren und den Berliner Jungs es ermöglicht, in ihrer Geburtsstadt Bundesliga-Fußball zu spielen.

herthabsc.com: In den langen Jahren hast du mit unzähligen Personen eng zusammengearbeitet und viele Herausforderungen gemeistert. Welche Eindrücke und Menschen sind dir da besonders in Erinnerung geblieben?
Weber: Sicherlich einer meiner ersten Tage, an dem ich in mein Büro in der Akademie gekommen bin. Links neben mir saß Pál Dárdai, ein Stück weiter saßen „Zecke“ Neuendorf, Levan Kobiashvili, Frank Vogel, André Henning und damals noch Hans-Peter Jakob – mit so viel erfahrenen Fußballfachleuten in einem Büro zu sitzen, war schon sehr spannend. Wir alle kennen „Zecke“, er ist jemand, der einen mit seinen Fragestellungen ein Stück weit herausfordert – und das habe auch ich erfahren dürfen (lacht). Es hat mir extremen Spaß gebracht, mit den Leuten zusammenzuarbeiten und diesen Weg gemeinsam zu gehen. In so einem langen Zeitraum gibt es eine Menge Kuriositäten, die für immer bleiben.

Fabian Drescher, Benjamin Weber und Thorsten Manske.

herthabsc.com: Du sprichst die Kuriositäten schon an: Da gibt es sicherlich die eine oder andere lustige Anekdote zu erzählen …
Weber: Ich weiß nicht, ob ich alles erzählen darf (lacht). Aber ich nenne mal drei, an die ich mich jederzeit gerne zurückerinnere. Als Jordan Torunarigha noch Jugendspieler war, musste er aufgrund personeller Ausfälle in der Abwehr kurzfristig am Freitag auf die Spielberechtigungsliste der Profis für das Wochenende gesetzt werden. Für diese ist immer eine Unterschrift auf dem Dokument der medizinischen Untersuchung des Spielers notwendig. Jordan befand sich zu dieser Zeit aber noch im Schulunterricht, gemeinsam mit Max Steinborn bin ich dann rüber in die Schule und habe Jordan gesucht. In dem Raum, in dem sein Englischunterricht stattfinden sollte, war er aber nicht. Anschließend stellte sich heraus, dass es eine Stundenplanänderung gab. So sind Max und ich durch sieben, acht Klassenräume gegangen und haben Jordan gesucht. Parallel wurde die Zeit immer weniger, es war die siebte Schulstunde und bis 15:00 Uhr musste der Antrag der DFL vorliegen. Bis wir ihn dann gefunden und aus dem Unterricht rausgeholt hatten, war es schon sehr knapp – es ist gut ausgegangen, aber diese Geschichte bleibt mir immer im Gedächtnis.

herthabsc.com: Herrlich, wir sind gespannt auf Geschichte zwei und drei.
Weber: Ebenso waren unsere USA-Reisen immer ein Highlight. Nachdem wir am letzten Abend nach dem Turniersieg eine Zimmerkontrolle gemacht haben, fehlten mehrere Spieler, die sich mal eben nach Downtown Los Angeles abgesetzt haben (verdreht schmunzelnd die Augen). Wir Verantwortliche haben dann bis nachts um 2:30 Uhr gewartet und sind wach geblieben, bis die Jungs zurückgekommen sind. Die Spieler hatten in Folge sehr lange Materialdienst (schmunzelt). Als Letztes ist sicherlich das Abenteuer Aserbaidschan in der UEFA Youth League zu nennen: Nachdem die Auslosung gelaufen ist, dachten wir, wir spielen im schönen Baku, mussten dann aber ins unbekannte Qəbələ reisen. Nachdem uns nach der Landung im ersten Kreisverkehr ein Taxi reingefahren ist und wir eine Dreiviertelstunde stillstanden, war es schon sehr spannend. Als dann aber die Straße keinen Asphalt mehr hatte, wurde es langsam interessant… Aber insgesamt war es eine Reise, die niemand vergessen wird. Es war ein großes Abenteuer.

Auf der Anzeigetafel im Stadion auf dem Wurfplatz/Amateurstadion steht "Danke Benny".

herthabsc.com: Kommen wir zum Abschluss: Wenn sich die eine Tür schließt, öffnet sich eine neue: Wie sehen deine Zukunftspläne aus?
Weber: Ich bin selbst gespannt. Es geht für mich auf die Suche. Ich möchte natürlich gerne im Fußball bleiben und lasse mich selbst ein bisschen überraschen, was da in den kommenden Wochen und Monaten passiert. Ich werde im ersten Schritt den Lehrgang Management im Profifußball beim DFB und der DFL abschließen und blicke mit großer Vorfreude auf alles, was mich erwartet. Aber egal was kommen wird: Ich werde Hertha BSC immer verfolgen und im Herzen behalten!

von Simon Jötten