"Unsere Formkurve ging Schritt für Schritt nach oben“
Das erste Jahr in einer neuen Liga ist immer verbunden mit Höhen und Tiefen, mit Erfolgen und Rückschlägen. Das gilt auch für unsere Blindenfußballer, deren Debütsaison in der Blindenfußball-Bundesliga vor zwei Wochen zu Ende ging. Nach sieben Spielen kamen unsere Herthaner als Fünfter ins Ziel. Gerade in der Schlussphase der Runde zeigte die Formkurve der Mannschaft dabei nach oben. Die Anpassung an die höhere Intensität und Geschwindigkeit gelang von Woche zu Woche besser. Yasin Talay, Trainer unserer Blindenfußballer, hat diese Entwicklung in jeder Trainingseinheit und in jeder Begegnung miterlebt und gefördert. „Im Laufe der Saison haben wir unsere Qualität stetig gesteigert. Wir haben aus den Erfahrungen der ersten Partien gelernt und die richtigen Schlüsse daraus gezogen“, sagt der 29-Jährige, für den die erste Spielzeit in der Bundesliga ebenfalls ein Lernprozess war. Über den herausfordernden Saisonstart, die positive Formkurve und den geglückten Abschluss hat Talay mit herthabsc.com gesprochen.
herthabsc.com: Yasin, ihr habt in eurer ersten Bundesliga-Saison den fünften Tabellenplatz erreicht. Das war euer Ziel. Wie zufrieden bist du mit deiner Mannschaft?
Talay: Natürlich bin ich sehr stolz auf meine Jungs. Vor der Spielzeit war es unser oberstes Ziel, gute Leistungen zu bringen und uns weiterzuentwickeln. Im Verlauf der Saison haben wir dann gemerkt, dass mehr drin ist. Wir haben uns vorgenommen, Fünfter zu werden. Dass wir das geschafft haben, hat uns als Team sehr gefreut!
[>]Die ersten Duelle mit den stärkeren Mannschaften waren der Grundstein für diesen Erfolg. Da konnten wir Erfahrungen sammeln und uns weiterentwickeln, die Spielpraxis hat sehr geholfen.[<]
herthabsc.com: Ein beeindruckender Sieg gegen die SG Fortuna 95 Düsseldorf/1. FC Düren und der gleichzeitige Punktverlust des FC Schalke gegen den BSV 1958 Wien half euch bei diesem Unterfangen. War dieser Erfolg die Bestätigung für die positive Entwicklung deines Teams?
Talay: Ja, das kann man so sagen. Unsere Formkurve ging Schritt für Schritt nach oben. Beim 6:0 gegen Düsseldorf haben meine Jungs sehr gut performt. Vor allem in der Offensive haben wir stark kombiniert – das war schon Einbahnstraßenfußball. Auch in der Defensive standen wir kompakt und haben keine nennenswerten Chancen zugelassen. Dabei waren die ersten Duelle mit den stärkeren Mannschaften der Grundstein für diesen Erfolg am Ende. Da konnten wir Erfahrungen sammeln und uns weiterentwickeln, die Spielpraxis hat sehr geholfen.
herthabsc.com: Du sprichst das Auftaktprogramm an. Ihr hattet mit der SF/BG Blista Marburg, Borussia Dortmund und dem MTV Stuttgart direkt drei starke Gegner vor der Brust und habt Lehrgeld bezahlt. Wie hast du deine Jungs in der Anfangsphase motiviert dranzubleiben?
Talay: Ich habe die positiven Sachen hervorgehoben: den aufopferungsvollen Kampf, die tollen Spielzüge oder die schönen Tore. In der Anfangsphase war nicht nur für mich, sondern auch für meine Spieler alles neu. Wir mussten uns erstmal an das neue Umfeld gewöhnen, das war zunächst schwierig. Wir wussten aber, dass wir uns mit der Zeit weiterentwickeln werden. Auch die Rückmeldungen von unseren Gegnern haben uns bestärkt. Gerade das Duell mit Stuttgart hat gezeigt, dass wir mehr leisten können. Meinen Jungs habe ich das auch gesagt: Wenn wir gegen so einen Gegner zwei Tore schießen, können wir das auch gegen die anderen Teams. Trotz der Niederlage war die Begegnung für das Selbstvertrauen und den Glauben an die eigenen Stärken wichtig!
[>]Das Kräftemessen mit Wien war ein Musterbeispiel für unsere Entwicklung. Das war ein Arbeitssieg. Da hatten wir viele Chancen, haben spielerisch überzeugt, alles reingeworfen und uns den Sieg erkämpft.[<]
herthabsc.com: Mit diesem guten Gefühl hattet ihr Schalke 04 am Rande der Niederlage. Ein Pfostentreffer und eine Rettungstat auf der Linie verhinderten euren ersten ‘Dreier‘. Unterm Strich reichte die deutliche Leistungssteigerung zu einem Zähler. Was hat dieser Teilerfolg bei deiner Mannschaft bewirkt?
Talay: Das Ziel vor dem Spiel war klar - wir wollten gewinnen. Am Ende sprang ein 1:1 heraus. Von den Chancen her wäre ein Sieg verdient gewesen. Dieses Unentschieden hat uns aber erneut gezeigt, dass wir mithalten können. Wir waren natürlich traurig, dass wir nicht gewonnen haben, aber der erste Punktgewinn hat uns beflügelt. Dieser Zähler hat uns ein bisschen befreit sowie beruhigt. Die Überzeugung nahm weiter zu!
herthabsc.com: Die Formkurve ging weiter nach oben. Aus den letzten drei Begegnungen habt ihr sechs Punkte geholt. Nur gegen den aktuellen Meister, den FC St. Pauli, musstet ihr euch geschlagen geben. Wo liegen die Gründe für diesen erfolgreichen Saisonabschluss?
Talay: Im Laufe der Saison haben wir unsere Qualität stetig gesteigert. Wir haben aus den Erfahrungen der ersten Partien gelernt und unsere Schlüsse daraus gezogen. Auch wir als Trainer konnten uns verbessern und unser Coaching noch präziser formulieren. Wir haben uns gegen Wien und Düsseldorf schon jeweils drei Punkte ausgerechnet. Das Kräftemessen mit Wien war ein Musterbeispiel für unsere Entwicklung. Das war ein Arbeitssieg. Da hatten wir viele Chancen, haben spielerisch überzeugt, alles reingeworfen und uns den Sieg erkämpft.
herthabsc.com: Aufbauend auf diesen Fortschritt: Wie lauten eure Ziele für nächste Saison, worauf liegt der Fokus von dir und deinem Trainerkollegen Fikret Can?
Talay: Das zweite Jahr ist bekanntlich das schwerste. Wir verlieren zudem einen wichtigen Stammspieler mit Nico Rother, der nach Marburg wechselt. Dadurch haben wir in der Defensive einen Qualitätsverlust. Wir müssen die nächste Entwicklungsstufe erreichen und die Jungs in eine gute körperliche Verfassung bringen. Auch taktisch müssen wir viele Sachen nachholen. Natürlich wollen wir uns verbessern, aber die Zielvorgabe ist klar und realistisch: Wir wollen diesen fünften Platz bestätigen!