Kiek ma, wer da kommt: Bielefeld
Vor wenigen Tagen hatte Arminia Bielefeld einen großen Grund zur Freude: Am 3. Mai feierte der Verein sein 116-jähriges Bestehen. 18 dieser 116 Jahre verbrachte der DSC als Bundesligist – in die höchste deutsche Spielklasse waren die Ostwestfalen als Zweitligameister erst im vergangenen Sommer nach elf Jahren Abstinenz wieder zurückgekehrt. Ob zeitnah eine 19. Runde im Oberhaus folgen wird, steht derzeit noch nicht fest. Allerdings liegen die Arminen aktuell als 16. noch relativ im Soll und können ihr großes Saisonziel Klassenerhalt, das nicht wenige als ein kleines Fußballwunder bezeichnen würden, nach wie vor erreichen. Bei diesem Unterfangen sollen drei Punkte an der Spree helfen. „Gegen Hertha BSC gibt es drei Zähler zu holen. Wir müssen bis zum Schluss alles dafür geben, um zu punkten“, betonte Trainer Frank Kramer im Vorfeld. Vor dem Aufeinandertreffen am Sonntag (09.05.21, 18:00 Uhr) hat herthabsc.com den Kontrahenten genau unter die Lupe genommen.
Sportliche Situation: Die Bielefelder stehen drei Partien vor Schluss auf dem Relegationsrang – ein Szenario, das nicht unbedingt verwundert. Schließlich war allen Beteiligten klar, dass es einzig und alleine um den Ligaerhalt gehen würde. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Schwarz-Weiß-Blauen seit Oktober 2020 nie besser als Rang 15 dastanden. Bei der Frage, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist, dürften jedoch nicht wenige Ostwestfalen die positive Betrachtungsweise wählen. „Es ist eine positive Anspannung da: Es überwiegt die Freude, jetzt zu zeigen, dass wir abliefern können und uns beweisen dürfen. Das ist das Wichtigste, was man im Leistungssport vor der Brust haben kann und da freue ich mich drauf!“, sagte Kramer, der Anfang März Uwe Neuhaus auf der Trainerbank ablöste. Mit dem ehemaligen DFB-Nachwuchstrainer, der auch für Greuther Fürth (2013-2015) tätig war, holten die Arminen zwölf Punkte aus acht Begegnungen, blieben zwischenzeitlich sogar vier Mal in Serie ungeschlagen - bis es eben den erheblichen Dämpfer am Niederrhein setzte. „Wir sind wie Boxer, die über 34 Runden gehen. Erst beim letzten Gong stehen zwei nicht mehr und einer taumelt“, sagte der Coach mit Blick auf den Tabellenkeller: „Die Gladbacher haben uns in Runde 31 erwischt und auf die Bretter geschickt. Jetzt gilt es aufzustehen und den anderen zu demonstrieren: Wir fighten weiter, wir gehen nicht K.o.“
[>]Gegen Hertha BSC gibt es drei Zähler zu holen. Wir müssen alles dafür geben, um zu punkten.[<]
Die Bielefelder im Fokus: Kramer und seine Schützlinge wollen in Berlin gewinnen. Damit würde der 49-Jährige ganz nebenbei auch in die Fußstapfen Otto Rehhagels treten: Die Trainer-Ikone, die auch schon unsere Blau-Weißen betreute, war der Verantwortliche beim bislang letzten DSC-Sieg in Berlin vor über 42 Jahren. Im Oktober 1978 triumphierten die Gäste mit 2:1. Damals wie heute ist der Schlüssel zum Erfolg eine stabile Defensive und in Torwart Stefan Ortega hat der Aufsteiger einen sicheren Rückhalt in den eigenen Reihen. Der Keeper wehrte 71 Prozent der Bälle ab – der zweitbeste Wert der Liga. Zudem lieferte der Schlussmann zu Saisonbeginn beim 1:0-Erfolg gegen Köln sogar einen Assist. Darum kümmern sich aber normalerweise seine Mitspieler: Ritsu Dōan und Fabian Klos führen mit jeweils vier Treffern und drei bzw. zwei Vorlagen die interne Scorerliste an. Am Ende geht es aber nur als Einheit: "Wir wollen top da sein, wenn es drauf ankommt. Jeder Einzelne muss bereit und voll da sein - egal wann und wo er gebraucht wird", appelliert Kramer.
Die Schnittstellen: Mit Arne Maier kehrt ein Herthaner, der seit Saisonbeginn leihweise beim Aufsteiger unter Vertrag steht, zurück ins Olympiastadion. „Die Entwicklung von Arne freut uns, dass er ein unglaublich talentierter und guter Fußballer ist, wissen wir alle. Die Luftveränderung hat ihm gutgetan. Am Wochenende darf er sich aber gerne ein bisschen zurückhalten“, sagt Arne Friedrich schmunzelnd über das Eigengewächs unserer Blau-Weißen, das in Ostwestfalen bislang 13 Einsätze verbuchte. Für unseren Sportdirektor selbst kommt am Wochenende dagegen ein Stück Heimat nach Berlin. Der ehemalige Nationalspieler wuchs im rund 40 km entfernten Bad Oeynhausen auf und machte die ersten Schritte als Profi bei der Arminia. Wiedersehensfreude gibt es auch an anderer Stelle. Sergio Córdova und Eduard Löwen waren Kollegen beim FC Augsburg, Nathan de Medina und Dodi Lukébakio beim RSC Anderlecht und in der belgischen U21-Nationalmannschaft. Aus dem niederländischen bzw. deutschen Nachwuchs kennen sich auch Michel Vlap auf der einen sowie Deyovaisio Zeefuik und Javairô Dilrosun auf der anderen Seite. Auch die beiden Ex-Kölner Marcel Hartel und Lukas Klünter sowie Marvin Plattenhardt und Ortega, Reinhold Yabo und Andreas Vogelsammer sind alte Bekannte. Die beiden letztgenannten Arminen trafen Alexander Schwolow auch beim DFB. Nach dem Duell gegen Freiburg ist auch das bevorstehende Aufeinandertreffen nicht ohne Brisanz für unseren Torwart: Von 2014 bis 2015 hütete er das Tor der Mannschaft aus dem Teutoburger Wald.
Das Hinrundenduell: Im Januar gastierte unsere ‘Alte Dame‘ auf der Alm – und unterlag in einer zähen Partie mit 0:1. Trotz mehr Ballbesitz, einem Plus an gewonnenen Zweikämpfen und zwei frühen Chancen von Jhon Córdoba (7., 10.) ging es torlos in die Kabine. Für einen Aufreger vor dem Seitenwechsel sorgte Schiedsrichter Guido Winkmann, der nach einem angeblichen Halten von Niklas Stark auf den Punkt zeigte – mit Hilfe des VAR diese Entscheidung aber korrigierte (35.). Knapp 20 Minuten nach Wiederanpfiff erzielte Yabo das Tor des Tages für die Hausherren (64.). Ein Tor von Krzysztof Piątek fand aufgrund eines vorangegangenen Handspiels keine Gültigkeit. „Wir hätten uns mehr Chancen erspielen müssen, dazu haben wir einige Aktionen nicht richtig zu Ende gespielt. Ohne Tore können wir keine Partie gewinnen", resümierte Dodi Lukébakio.
Die Meinung über unsere Elf: Die Nachholpartien in der vergangenen Woche hat Kramer genau beobachtet: „Allein die Punktausbeute zeigt ja, dass die Berliner gut aus der Pause gekommen sind. Das haben wir natürlich registriert. Pál Dárdai hat unterschiedliche Systeme und Spieler eingesetzt, wir versuchen uns auf alles bestmöglich vorzubereiten.” Dass sich nur mit einer kämpferischen Mannschaftsleistung der Erfolg gegen unsere Hauptstädter einfahren lässt, weiß auch der ehemalige Mittelfeldspieler. „Hertha muss man bearbeiten, da muss man unangenehm sein. Wir müssen unsere Intensität auf den Platz bringen und sie vor Herausforderungen stellen“, gibt der Fußballlehrer Einblicke in seinen Matchplan.