
"Es zählt nicht der Titel, sondern die Arbeit"
"Es zählt nicht der Titel, sondern die Arbeit"
Berlin - Als langjährigen Herthaner, Kapitän und Nationalspieler kannte man Arne Friedrich schon längst. Nach seiner aktiven Zeit kehrte der frühere Abwehrspezialist als Performance Manager zum Hauptstadtclub zurück und wird zur kommenden Spielzeit den neu geschaffenen Posten als Sportdirektor bekleiden. Künftig lässt Friedrich seine sportlichen Kompentenzen in die tägliche Arbeit einfließen, um Manager Michael Preetz in seiner Arbeit zu unterstützen. "Die Aufgabenverteilung ist klar, Michael Preetz ist mein Vorgesetzter. Ich sehe es als Stärke an, dass er zusätzliche sportliche Kompetenz in den Verein geholt hat", so Friedrich, der weiter betont: "Wir haben uns in den vergangenen Wochen bereits sehr gut ausgetauscht. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber genau davon lebt die Zusammenarbeit." Wie sein Chef wird Arne Friedrich künftig auf der Bank Platz nehmen. Wie er seine Rolle sieht, welche Aufgaben auf ihn warten und welche Ziele er sich setzt, verriet das Urgestein am Montag (29.06.20) im virtuellen Mediengespräch.
Arne Friedrich über...
... seine neue Position: Es wurde in der Vergangenheit viel über die Position Performance Manager diskutiert, was in den USA schon alteingesessen ist. Unter Jürgen Klinsmann ging es darum einzuschätzen, wo Potentiale sind, die man noch ausschöpfen kann. Das gilt sowohl auf als auch neben dem Platz sowie individuell bei den Spielern. Als Sportdirektor bin ich jetzt Bindeglied zwischen Geschäftsführung sowie dem Cheftrainerteam und der Mannschaft. Ich stehe im Austausch über die Kaderplanung, aber auch über strategische Themenfelder, die aufkommen, und beim Personalmanagement - das ist schon eine tolle Aufgabe, auf die ich mich freue und auf die ich richtig Lust habe.
... den Titel 'Sportdirektor': Darüber haben wir erst ganz am Ende gesprochen. Erstmal ging es um die Aufgabenfelder und die haben am besten zu der Jobbeschreibung eines Sportdirektors gepasst. Am Ende geht es aber auch gar nicht um den Titel, sondern darum, welche Arbeit ich hier verrichte. Denn an dieser werde ich mich am Ende auch messen lassen.
... Unterschiede in der Zusammenarbeit mit Bruno Labbadia bzw. Jürgen Klinsmann: Beide sind grundsätzlich unterschiedliche Trainertypen. Jürgen Klinsmann hat wie auch 2006 zwei Co-Trainer mitgebracht, die die Arbeit auf dem Platz verrichtet haben. Klinsmann war derjenige, der das große Ganze im Blick hatte und versucht hat, den Horizont zu erweitern. Bruno Labbadia kannte ich noch aus meiner ersten Profistation in Bielefeld. Wir haben uns menschlich sehr gut verstanden - ich war damals schon sehr beeindruckt, wie erfolgsbesessen er war. Er hat immer gearbeitet, auch nach dem Training hat er sich noch Flanken schlagen lassen, um immer noch ein Stück weiter zu kommen. Als Trainer hier habe ich ihn als Arbeitstier wahrgenommen. Er kommt immer schon früh und geht abends spät nach Hause. Bruno ist total strukturiert, hat einen ganz konkreten Plan und hat darüber hinaus auch ein wirklich tolles Funktionsteam mitgebracht. Unter ihnen ist eine klare Handschrift zu erkennen - auf dem Feld, aber auch in der Kabine. Ich bin total begeistert. Ich habe ja auch schon ein paar Trainer erlebt und ich finde, sie leisten hervorragende Arbeit.
Gesagt...
[>]Am Ende schließt sich schon irgendwie ein bisschen ein Kreis.[<]

... die anstehenden Personalplanungen: In das Feld bin ich zusammen mit unserem Geschäftsführer Sport, den Trainern und Scouts involviert. Wir sind schon seit einiger Zeit am Sondieren, befinden uns aber auch in einer ganz speziellen Phase: Niemand weiß, wie sich die Preise entwickeln, niemand weiß, wer Spieler abgeben will. Die Transferperiode wird länger dauern, wodurch es passieren kann, dass wir erst spät Spieler zu uns holen können. Es sind ganz viele Unwegbarkeiten - Spieler wie Lucas Tousart haben seit Monaten kein Spiel mehr bestritten. Aber das geht ja nicht nur uns so. Ich bin gespannt, wie sich der Transfermarkt entwickeln wird.
... Gehaltsobergrenzen und Auswirkungen der Corona-Pandemie: Natürlich ist das ein Thema, das diskutiert werden wird, nachdem es bei Schalke Thema wurde. Ich kenne die Thematik aus den USA, wo ein Salary Cap in vielen Sportarten Gang und Gäbe ist. Natürlich ist durch Corona viel Bewegung hineingekommen, die wirtschaftliche Situation der Vereine war eine große Herausforderung, um durch diese Zeit zu kommen. Dafür, dass das alles so gut geklappt hat, muss ich der DFL mit dem Gesundheitskonzept noch ein großes Kompliment machen. Da wurde unglaublich tolle Arbeit geleistet. In der Form hat die Bundesliga eine Vorreiterrolle eingenommen, andere Länder ziehen jetzt nach. Wir haben jetzt Urlaub - ich bin gespannt, wie das mit Blick auf die anderen Ligen sein wird.
...über neue Saisonziele: Wir haben lange Zeit gegen den Abstieg gespielt und uns in den letzten Spielen befreit. Erstmal wollen wir jetzt in ruhigere Fahrwasser und uns qualitativ verbessern. Natürlich wollen wir wieder nach oben, aber wofür es reicht, werden wir in der kommenden Saison sehen. Wir werden in jedem Fall sehr, sehr hart arbeiten, um qualitativ hochwertigen Fußball zu spielen.
...die Ziele über das Sportliche hinaus: Ich bin natürlich in erster Linie für den Lizenzspieler-Bereich zuständig. Aber vielleicht lässt sich auch im Nachwuchsbereich beim Thema 'Mindset' etwas voranbringen. Wir haben viele tolle Talente - und können schauen, durch Charakterbildung noch etwas rauszuholen. Das schwebt mir noch vor. Hertha hat einen sehr guten Weg eingeschlagen. Wir müssen versuchen, guten Fußball zu spielen und gleichzeitig etwas zurückzugeben.
...die Arne-Friedrich-Stiftung: Das läuft weiter. Wir haben ein Kuratorium und einen Förderkreis, wo in den vergangenen Wochen unglaublich viel gearbeitet haben. Da wird sich nichts verändern, ich werde auch weiterhin die Aufsicht haben - vielleicht nicht mehr ganz so operativ, aber die Stiftung gibt mir viel. Ich habe dadurch gelernt, dankbar zu sein und möchte durch die Arbeit etwas zurückgeben.
...seine Urlaubsplanungen und sein Wohnsitz in den USA: Natürlich gebe ich meinen Zweitwohnsitz nicht auf. Ich habe Freunde, die mal nach dem Rechten sehen, durchlüften und die Wasserhähne aufdrehen. Ein bisschen Urlaub werde ich auch machen, aber auf Abruf bereit stehen. Es geht mit dem Auto nach Frankreich, um ein wenig abzuschalten. Die vergangenen Monate waren sehr turbulent. Ein paar Tage das Meer zu sehen, wird mir guttun.
(war/City-Press)