
#HerthaMuseum: Die Rekord-Saison
#HerthaMuseum: Die Rekord-Saison

In der 33. Folge geht es um die Bundesliga-Spielzeit 1969/70, in der die Blau-Weißen einen bis heute gültigen sportlichen Vereinsrekord aufgestellt haben.
Berlin – Unruhige Jahre liegen hinter den Herthanern, die sich nach dem Zwangsabstieg 1964 vier Jahre später in die Bundesliga zurückgekämpft haben. Umso höher ist der Klassenerhalt in der Saison 1968/69 zu bewerten, den die Blau-Weißen als Tabellen-13. erreichen. Im Schnitt 42.000 Zuschauer strömen zu den Heimpartien ins Olympiastadion – ligaweit Bestwert! Vor der Spielzeit 1969/70 begrüßt Trainer Helmut 'Fiffi' Kronsbein – auch dank der finanziellen Unterstützung durch den Verleger Axel Springer – mit Wolfgang Gayer, Lorenz Horr sowie dem 18-fachen deutschen Nationalspieler Bernd Patzke drei namhafte Neuverpflichtungen zum Trainingsauftakt. "Unsere Zielsetzung ist in diesem Jahr ein guter Mittelfeldplatz", erklärt der Coach.
Quo vadis, Hertha BSC?
In der zehntägigen Vorbereitung besiegen die Berliner den holländischen Vize-Meister Ajax Amsterdam, der vor wenigen Wochen noch das Finale um den Europapokal der Landesmeister verlor. Auch der Liga-Auftakt glückt: Gegen den MSV Duisburg gewann die 'Alte Dame' vor 80.000 Zuschauern mit 1:0. Am 6. Spieltag folgt ein Rekord, der noch heute in der Beletage des deutschen Fußballs Bestand hat: Am letzten Freitag im September sehen offiziell 88.075 Zuschauerinnen und Zuschauer den 1:0-Erfolg von Hertha BSC gegen den 1. FC Köln. Zeitzeugen dieser historischen Begegnung sprechen noch heute von weitaus mehr Zuschauern. "Es war schon etwas Besonderes. Das Stadion war schwarz vor Menschen, man hat keine Treppen und kein Marathontor gesehen. Ich glaube auch, dass es 100.000 Zuschauer waren", sagt Mannschaftskapitän Hans-Joachim Altendorff.
Der Stürmer und seine Mitspieler dürfen auch fünf Wochen später jubeln, als sie ein 0:1 beim aktuelle Meister und Pokalsieger Bayern München drehen und durch Tore von Jürgen Weber und Arno Steffenhagen mit 2:1 gewinnen. An der Grünwalder Straße pariert Torhüter Gernot Fraydl einen Elfmeter von Gerd Müller, der zuvor noch das 1:0 für die Hausherren besorgt hat. Vier Tage nach diesem Triumph veröffentlicht das Sportmagazin 'kicker' eine vierseitige Farbreportage über die Herthaner. Der Titel der Ausgabe lautet "Ha-Ho-He, Hertha BSC!". Dort erhalten Berliner besondere Aufmerksamkeit – wegen der höchsten Zuschauerzahlen, der sportlichen Entwicklung und der mittlerweile scheinbar finanzkräftigen Situation. Die Hinrunde schließt die Kronsbein-Elf, die zu Hause bei sieben Siegen und einem Remis ungeschlagen bleibt, als Vierter ab. Tabellenführer Borussia Mönchengladbach liegt neun Punkte davor.

Höchster Bundesliga-Sieg
In der Rückrunde bestätigen die Herthaner ihre gute Form – und setzen so manches Highlight. Unvergessen das 9:1-Spektakel im April 1970 gegen Borussia Dortmund. Vor dem Spiel rangieren die Gäste als Fünfter nur einen Zähler hinter den Berlinern, doch bereits zur Pause ist alles klar: Wolfgang Gayer (drei), Lorenz Horr (zwei) und Franz Brungs schießen die Tore zum 6:0-Halbzeitstand, nach dem Seitenwechsel schrauben erneut Gayer sowie Tasso Wild und Hermann Bredenfeld das Ergebnis in die Höhe. Nach 90 Minuten steht es 9:1 – der bis heute höchste Bundesliga-Sieg in der blau-weißen Vereinshistorie. Aufgrund witterungsbedingter Spielabsagen ist diese Begegnung eine von fünf vor heimischem Publikum in 22 Tagen (vier Siege, ein Remis).
Nicht nur wegen dieses Kantersieges schließt die 'Alte Dame', die insgesamt erneut mehr als 700.000 Zuschauer zu den 17 Heimspielen im heimischen Olympiastadion begrüßt, die Saison 1969/1970 auf dem dritten Rang ab. Umgerechnet liegen die Berliner neun Zähler hinter Mönchengladbach, gegen das die Kronsbein-Elf zwei Mal 1:1 spielte, und drei Punkte hinter Bayern München. Die Erfolgsgaranten bestehen aus dem Angriffstrio mit Franz Brungs (15 Tore in 34 Spielen), Wolfgang Gayer (13 in 34) und Lorenz Horr (13 in 22). Auch die viertbeste Defensive der Liga hat einen großen Anteil: Das Torhüterduo Volkmar Groß und Gernot Fraydl sowie die Abwehrspieler Uwe Witt, Bernd Patzke und Karl-Heinz Ferschl lassen nur 41 Gegentreffer zu.
Auf bestem Wege zur dritten Kraft in Deutschland
Umgerechnet 65 Punkte (20 Siege, fünf Remis) sind bis heute eine nicht wieder erreichte Bestmarke für den Hauptstadtclub. Wie hoch die Wertschätzung der geschichtsträchtigen Saison 1969/1970 in der Öffentlichkeit ist, zeigt die Aufmachung der Ausgabe der 'Fußball-Woche' vor dem ersten Spieltag der neuen Saison. Das Titelfoto des voll besetzten Berliner Olympiastadions trägt die Überschrift: "Kommt der Meister 1971 aus Berlin?"
(fs/HerthaBSC)