Ein Leben mit und für Hertha BSC
Fans | 30. März 2019, 16:31 Uhr

Ein Leben mit und für Hertha BSC

Ein Leben mit und für Hertha BSC

Eine Hommage an Peter Klaus-Dieter 'Pepe' Mager.
Berlin - Pepe Mager zählte zu den bekanntesten Hertha-Fans in der Geschichte des Hauptstadtclubs. Kurz nach seinem 80. Geburtstag starb Mager - anlässlich seines Ehrentages widmete der Förderkreis Ostkurve dem Herthaner eine Hommage, die wir an dieser Stelle ebenfalls gerne veröffentlichen.

Auf die Frage, was denn ein echter Fan sei, hat der britische Autor Nick Hornby eine Definition für die Ewigkeit verfasst: "Ich verliebte mich in den Fußball, wie ich mich später in Frauen verlieben sollte: plötzlich, unerklärlich, unkritisch und ohne einen Gedanken an den Schmerz und die Zerrissenheit zu verschwenden, die damit verbunden sein würden."

Genauso geht es auch uns Hertha-Fans, und einer von ihnen war ein ganz besonderer. Im Ausweis stand schlicht Peter Klaus-Dieter Mager, aber im Fanblock im Olympiastadion hieß er für alle nur 'Pepe'.
Pepe wuchs in einem Kinderheim am Wannsee auf und arbeitete später als Lagerarbeiter und viele Jahre bei der BVG. Aber vor allem ist Pepe Mager das Symbol einer alten Zeit, als der Fußball noch nach Bratwurst roch und die Fans brüllten: "Wen wollen wir lynchen? – Bayern München". In dieser Zeit ging Pepe mit seinen Kumpels zum Fußball. Meist in blauen Schlosseranzügen mit weißen Streifen drauf, dazu den weißen Bauarbeiterhelm mit blauem Tesa beklebt. Frühe Fankleidung handgemacht. Da sollte noch mehr kommen, aber dazu später mehr.

Schon in Herthas erster Bundesliga-Saison 1963/64 ging es bei Pepe los mit dem Organisieren von Auswärtsfahrten. Er organisierte Bahn- und Busreisen, war Reiseleiter und Bierverkäufer. So gab es in der Moabiter Kneipe 'Zur Pause' die Möglichkeit, bei ihm Auswärtsfahrten zu buchen, z.B. Braunschweig 16 DM oder München 60 DM. In der Bahn war sein Getränkeservice, mit dem er sich ein paar Mark verdiente, bei allen Herthanern bekannt und beliebt. Aus einer zunächst losen Verbindung entstand eine feste Gruppierung, die Hertha zu jedem Spiel hinterherreiste. So wurden er und seine Kumpanen zu den sogenannten Hertha-Fröschen. Als ihr Gründer galt Pepe, aber das ist nur eine der vielen blau-weißen Legenden, denn den Namen Hertha-Frösche bekamen die Fans vom Berliner Sportjournalisten und ehemaligen Hertha-Spieler Lutz Rosenzweig, als sie bei einem Spiel im Winter gegen Rot-Weiß Essen auf der Tribüne auf- und abhüpften. Eine klar strukturierte Gruppe der Hertha Frösche gab es so nicht, war es doch immer die allgemeine Bezeichnung für ganz besondere Art von Hertha-Fans. Keine Legende: Ein Anführer unter den Fans war er allemal. Der Oberfrosch halt. Auch diese Bezeichnung hatte eine besondere Geschichte.

Ende der Sechziger hatte Pepe schon im Stadion mit einem Fan-Ordnungsdienst für Ordnung im Block gesorgt. Als bei einem UEFA-Pokal-Spiel gegen Juventus Turin im November 1969 ein Ordner durch einen Böller verletzt wurde, machte ihn ein Bild-Bericht über seinen Ordnungsdienst zum 'Oberfrosch'. Damals hatte ihn 'Bild' zum populärsten Fan hochgeschrieben. Manchmal meinte Pepe allerdings auch, die Boulevardzeitung hätte ihn angerufen, weil Jugendliche bei einem Spiel leere Wodkaflaschen aufs Feld geworfen hatten. So wurden er und die Hertha-Frösche ein Fan-Zusammenschluss, der einst in ganz Deutschland neben der 'Gelsenszene' (S04) und der 'Borussenfront' (BVB) berühmt und berüchtigt war. Pepe meinte einmal lapidar dazu: "Es gab leider immer ein paar Idioten, die sich prügeln mussten, aber es war die absolut schönste Zeit". Augenzwinkernd auch sein: "Wir ham kein' Scheiß gebaut, wir wollten nur mal nach Wessi-Land und ein paar Bier trinken'.

Den ersten offiziellen Fan-Club - den 'HFC' - gründete er auch mit und stieg hier nach Streitigkeiten alsbald wieder aus, um den Fan Club Berlin (FCB) zu gründen. Beide Fan-Clubs gibt es noch heute, allerdings ohne Pepe, der auch beim FCB nicht lange blieb und als 'Vereinspräsident' ausschied als man zwei Leute nicht rauswerfen wollte, so wie er es gerne gehabt hätte. Sein nächstes Werk gelang ihm 1976 und war ebenfalls eines von Dauer. Denn in diesem Jahr war Pepe dabei als die besondere Fanfreundschaft mit den Fans des Karlsruher SC begann. Hier machte er mal zu einem Spiel des KSC gegen Hertha im Jahr 1984 eine Fahrradtour mit seinem Kumpel Helmut vom innerdeutschen Grenzübergang Bebra nach Karlsruhe. Zur Belohnung durften beide vor dem Spiel unter dem gemeinsamen Jubel der Hertha- und KSC-Fans eine Ehrenrunde im Stadion drehen.

Zu jenen Zeiten gab es auch noch eine zweite Fanfreundschaft der Hertha-Fans. "Hertha und Union eine Nation", so der Ruf der gleichermaßen durch die Stadien in West und Ost schallte. Eine Besonderheit dieser Freundschaft war auch eine Pepe-Idee. Er brachte 1988 eine selbst verfasste Hertha-Hymne und Achim Mentzels Union-Lied auf eine Platte. 'Pepes Freunde hinter Stacheldraht' hieß das schöne Stück und soll sich 2.000-mal verkauft haben. Pepe kaufte dem Staatslabel Amiga die Rechte am Union-Lied für 800 DM ab und ließ die Lieder in einem kleinen Berliner Studio einspielen.

Als die Zeiten bei ihm ruhiger wurden, betrieb er florierend einen Fanartikelverkauf. Insbesondere in seinen Läden in Neukölln und Friedrichshain, aber vor allem auch bei den Hertha-Heimspielen aus seinem allseits bekannten Wagen vor dem Olympiastadion. Wie heute der Wagen des FKO ein Treffpunkt vor dem Spiel ist, war es seinerzeit der Wagen von Pepe. Eine Anekdote hierzu war diese, wie er an seine Wimpel von DDR Vereinen kam, die im Westen begehrt waren. Er ließ diese gegen Bezahlung auf Rummelplätzen in Ostberlin schießen und verkaufte sie im Westen. Nach der Wende direkt nach dem Mauerfall fuhr er zu den Union-Spielen und rückte auch da mit seinem Verkaufsstand vor der 'Alten Försterei' an. So blieb er auch immer der alten Freundschaft treu, er war eben aus einer anderen Zeit.

Als die Hertha 1979 vor dem Aus im UEFA-Pokal stand, versprach er im Schlafanzug mit Bollerwagen (darin eine Kiste Bier) von zu Hause zur Gedächtniskirche zu laufen, um eine Kerze anzuzünden, wenn Hertha die Runde überstehen sollte. Sein Wunsch traf bekanntlich ein (2:1 bei Dukla) und ein paar Tage später, an einem Sonntag, marschierte er begleitet von ein paar Kumpels mit dem versprochenen Schlafanzug, Bollerwagen und Bierkiste los und entzündete vor entgeisterten Touristen in der Gedächtnis Kirche eine Kerze.

Im Olympiastadion, bei Auswärtsspielen, wo immer Hertha spielte, war zumindest einer mit dabei: Pepe. Eine Anekdote auch dazu. Am 27. Juni 1981 fuhr Pepe mit acht anderen 'Bekloppten', die sich in seinen 'Bus' quetschten, um eine Fahrt nach Göteborg zu einem "ganz wichtigen" Spiel der Herthaner zu unternehmen. Hertha spielte nämlich in der damaligen Sommer-Intertoto-Runde gegen den dortigen IFK. In Göteborg angekommen, stellten sie fest, dass das Spiel gar nicht in Göteborg stattfinden sollte. Dies sagten ihnen die Hertha-Spieler, die man (logisch!) im Hotel aufsuchte, um Karten zu erhalten. Hinter dem Mannschaftsbus her, kutschierten Pepe und seine Kumpels dann auf ein Dorf, um das Spiel anzuschauen.

Auch bei Länderspielen der deutschen Mannschaft war er sowohl im In- als auch im Ausland sehr oft dabei. In dieser Zeit hatte er auch in Moabit eine eigene Kneipe, natürlich ein beliebter Treffpunkt unter den Hertha-Fans. Insgesamt rund 40 Jahre betrieb Mager einen Stand für Fanartikel, die er immer selber herstellen ließ und die immer etwas preiswerter als die offiziellen waren. Und nicht nur dadurch umso beliebter. Von den lizenzierten Containern, die seit Jahren an den Wegen zum Stadion stehen, hatte Mager seinerzeit keinen mehr abbekommen. Nachdem er schon in grauer Vorzeit auf Betreiben von Rolf Kramell (Sicherheitsbeauftragter bei Hertha) aus dem Verein austreten musste, wendete er sich nunmehr auch innerlich von seinem Verein ab. Nach seinem zweiten Schlaganfall zog es ihn noch einmal ins Stadion, aber die moderne Hertha mit millionenschweren Profis, Logen und VIPs - das war nicht mehr sein Verein, zumal die Verantwortlichen ihn auch mehr und mehr vergaßen.

Zunächst verbrachte er seine nunmehr herthalose Zeit in der Kleingartenkolonie Sonnenheim am Heckerdamm, wo er seine Laube das sogenannte Hertha-Haus, hatte. Hier hatte er auch eine schöne Zeit mit seiner Erika, mit der er mehr als dreißig Jahre zusammenlebte. Seine Hunde, die er ebenfalls über alles mochte, halfen ihm ein wenig über das Alleinsein nach ihrem Tode hinweg. Später dann als die Gesundheit weiter abnahm musste er in ein Pflegeheim.

Pepe hatte gabe immer sein Herzblut für Hertha BSC, öffentlich und zu Hause, wenn er die Wohnung mit Fanartikeln vollstopfte. Dafür erwartete er, so glaube ich, auch immer ein bisschen Respekt, ganz altmodisch. Mit diesem Text und unseren ganz besonderen Wünschen für die nächsten, hoffentlich blau weißen Jahre gratulieren wir einem großen Herthaner genau mit diesem Respekt, den er aber so was von verdient...

UNSER PEPE – HaHoHe

(FKO/imago)

von Hertha BSC