Damals war's: Schützenfest gegen den BVB
Teams | 17. Januar 2018, 01:19 Uhr

Damals war's: Schützenfest gegen den BVB

Damals war's: Schützenfest gegen den BVB

Hertha BSC feierte in der Saison 1969/70 den höchsten Bundesliga-Sieg der Vereinsgeschichte.

Berlin – Wenn am kommenden Freitagabend (19.01.18) der BVB im Berliner Olympiastadion auf Hertha BSC trifft, kommt es zur Neuauflage eines der denkwürdigsten Duelle der 125-jährigen Vereinsgeschichte des Hauptstadtclubs. Vor bald 48 Jahren errangen die Blau-Weißen vor heimischem Publikum den höchsten Bundesliga-Sieg ihrer Vereinsgeschichte. Am Ende der unvergesslichen Partie siegten die Herthaner mit 9:1 gegen die Borussia. herthabsc.de erinnert sich zurück!

Vorgeschichte: Bereits vor dem 32. Spieltag der Saison 1969/70 stand Borussia Mönchengladbach nahezu als Deutscher Meister fest. Aufgrund diverser Spielausfälle hatte zu diesem Zeitpunkt kein einziges Team 31 Spiele bestritten. Hertha BSC rangierte hinter dem 1. FC Köln und Bayern München auf dem vierten Tabellenplatz, dicht gefolgt vom Fünften Borussia Dortmund. Die Partie war also ein Duell direkter Tabellennachbarn und barg aus Berliner Sicht die Hoffnung, den BVB auf Abstand zu halten und gleichzeitig den Anschluss an Köln und Bayern nicht zu verlieren. Nur rund  23.000 Zuschauer kamen am Samstag (18.04.1970) ins Olympiastadion zum Spiel zum Duell mit den Dortmundern, gegen die die Herthaner zuvor kein einziges Duell gewannen.

Ablauf: Die Blau-Weißen erwischten einen Traumstart. Nach gerade einmal einer halben Minute verfehlte Dortmunds Schlussmann Klaus Günther eine Berliner Flanke. Der angeschnittene Ball sprang vom Innenpfosten vor die Füße von Lorenz Horr, der zum 1:0 einschob. Bereits zwei Minuten später legten die Hausherren nach: Wolfgang Gayer nickte nach einer Freistoßflanke von Horr zum 2:0 ein. Statt sich auf ihrer Führung auszuruhen, erarbeiteten sich die Blau-Weißen weitere Möglichkeiten: So tanzte Franz Brungs zwei Gegenspieler aus, scheiterte mit seinem Schuss aber am Dortmunder Torhüter. Auch Hans-Joachim Altendorff und Jürgen Weber fanden kurz darauf mit Distanzschüssen in Günther ihren Meister.

Besser machte es dann erneut Herthas Spielmacher Horr. Eine scharfe Flanke von Bernd Patzke lenkte er mit dem Kopf zum zwischenzeitlichen 3:0 in die lange Ecke (21.). In der 26. Minute wiederholten die Herthaner das Prozedere ihres zweiten Tores: Ein Horr-Freistoß von der linken Seite landete bei Gayer, der erneut per Kopf auf 4:0 erhöhte. Erst dann - nach einer halben Stunde - kamen die Gäste zu ihrem ersten Abschluss. Aber Herthas Schlussmann Volkmar Groß entschärfte Gerd Peehs Versuch aus der zweiten Reihe. Danach entstand wieder das gewohnte Bild: Die Elf von Helmut Kronsbein zeigte sich mit absoluten Angriffsfußball und Siegeswillen. Einem Gewaltschuss von Horr, den BVB-Keeper Günther über das Tor lenkte, folgte ein Pfostenschuss von Karl-Heinz Ferschl. Als Brungs alleine auf das BVB-Tor zulief, war Günther zum fünften Mal an diesem Nachmittag geschlagen (36.). Kurz vor dem Pausenpfiff machte Gayer nach Vorarbeit von Ferschl dann das halbe Dutzend voll (45.).

Auch nach Wiederanpfiff machte Hertha BSC weiter Druck. Uwe Witt zog einfach mal ab, Günther ließ abklatschen und erneut war es Gayer, der den Ball über die Linie zum 7:0 drückte (49.). Nach 65 Minuten besorgte der aufgerückte Abwehrspieler Tasso Wild das 8:0. Ein Handspiel von Wild im eigenen Strafraum ermöglichte den Borussen die Chance zum Ehrentreffer. Dieter Kurrat trat an, traf aber nur den Pfosten - den zurückspringenden Ball jagte Alfred Kohlhäufl aufs Berliner Tor, doch Hertha-Keeper Groß parierte glänzend. Zehn Minuten vor Abpfiff schafften es die Gäste dann doch, einen Treffer zu erzielen. Der eingewechselte Jürgen Boduszek machte mit dem Oberschenkel das 1:8. Der Schlusspunkt dieser fulminanten Partie gehörte aber den Blau-Weißen: Bredenfeld erzielte in der 87. Spielminute den 9:1-Endstand für sein Team.

Historische Einordnung: Das 9:1 ist bis heute der höchste Bundesliga-Sieg von Hertha BSC. Die Saison 1969/70 beendeten die Berliner auf Platz drei. In den ausstehenden vier Spielen besiegte die Kronsbein-Elf Stuttgart (3:1), Braunschweig (2:1) und Bremen (4:1). Nur dem HSV musste sich der Hauptstadtclub mit 0:1 geschlagen geben.

Stimmen zum Spiel:

"Warum sollten wir die Dortmunder schonen und nicht alle Chancen wahrnehmen? Uns schenkt auch keiner etwas. Mit ihrem einzigen Treffer hatten die Borussen ein bisschen Glück." (Bernd Patzke - Spieler von Hertha BSC)

"Heute werden die Zuschauer wohl mit uns zufrieden gewesen sein."
(Arno Steffenhagen - Spieler von Hertha BSC)

"Wenn man 0:4 im Rückstand liegt, hört man auf zu hoffen."
(Kurrat - Spieler von Borussia Dortmund)

"Die Begeisterung der Zuschauer trieb Hertha unentwegt vorwärts, in dieser Atmosphäre mussten unsere jungen Spieler untergehen."
(Peehs - Spieler von Borussia Dortmund - über die 22.909 Zuschauer)

"Oft schien es mir, als tanzten 50 Blau-Weiße in meinem Strafraum einen höllischen Reigen."
(Günther - Torwart von Borussia Dortmund)

"Wir wurden wegen unserer Mexiko-Reise alle gegen Pocken geimpft. Das ist doch eine feine Entschuldigung."
(Siggi Held - pausierender Spieler von Borussia Dortmund)

Das Spiel im Stenogramm:

Termin: Sasmtag, 18. April 1970, 15:30

Wettbewerb: 1. Bundesliga, Saison 1969/1970, 32. Spieltag

Aufstellungen:

Hertha BSC:  Groß – Ferschi – Wild – Witt – Patzke – Altendorff (46. Bredenfeld) – Gayer – Steffenhagen – Brungs (64. Laube) – Horr – Weber

Borussia Dortmund: Günther – Sturm – Rasovic – Kohlhäufl – Peehs – Kurrat – Trimhold – Assauer (11. Schütz) – Rieländer (46. Bouszek) – Erler – Heeren

Tore: 1:0 Horr (1.), 2:0 Gayer (3.), Horr (21.), 4:0 Gayer (26.), 5:0 Brungs (36.), 6:0 (45.), 7:0 Gayer (49.), Wild (64), 8:1 Boduszek (80.), 9:1 Bredenfeld (87.)

Schiedsrichter: Helmut Fritz
Spielort: Olympiastadion, Berlin
Zuschauer: 23.000

(war,jp/dpa)

von Hertha BSC