Damals wars: Zuschauerrekord gegen Köln
Teams | 26. September 2015, 11:57 Uhr

Damals wars: Zuschauerrekord gegen Köln

Damals wars: Zuschauerrekord gegen Köln

Die Partie vor 46 Jahren zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Köln vom 26. September 1969 vor 88.075 Zuschauern im Olympiastadion ist bis heute Bundesliga-Höchstwert.

Berlin - In über 120 Jahren Vereinsgeschichte erinnern sich Herthaner an eine Reihe von bemerkenswerten Spielen. Am 26. September 1969 wurde Bundesliga-Geschichte geschrieben, und Hertha BSC trug sich bei seiner Heimpartie am 6. Spieltag der Erstligasaison 1969/70 gegen den 1. FC Köln in die Rekordlisten der Bundesliga ein. Den 1:0 (0:0)-Erfolg gegen die Kölner verfolgten 88.075 Zuschauer im ausverkauften Olympiastadion. Niemals sahen mehr Zuschauer ein Bundesligaspiel im Stadion.

Vorgeschichte: Das erste Jahr nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga hatte Hertha BSC mit einem 14. Platz abgeschlossen. Die Saison 1969/70 begann dann mit zwei Heimsiegen gegen Duisburg (1:0) und Aachen (2:1) und zwei Auswärtsniederlagen bei 1860 München (0:2) und Rot-Weiss Essen (2:5). Am 5. Spieltag folgte ein 4:1-Sieg beim Vorjahresfünften VfB Stuttgart. Hertha kletterte damit auf Rang acht, womit die anstehende Partie gegen den fünftplatzierten 1. FC Köln, die nebenbei das 100. Bundesligaspiel und zugleich das 50. Heimspiel von Hertha BSC war, fast schon den Anspruch eines Spitzenspiels erheben konnte.

Das Spiel: Im Vorverkauf war es schon zu vermuten, dass die Marke von 80.000 Zuschauern an diesem Freitagabend durchbrochen werden könnte. Mutige Optimisten rechneten sogar mit einer Einstellung des Bundesligarekords von 85.411 Zuschauern (am 21.09.1963 ebenfalls gegen den 1. FC Köln). Und tatsächlich sahen an diesem Abend 88.075 Zuschauer im Berliner Olympiastadion die Begegnung zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Köln und hatten ihren Anteil an einem neuen Bundesliga-Zuschauerrekord!

Hertha legte vor der tollen Kulisse gleich ordentlich los. In der 14. Minute schlug Bernd Patzke von der linken Außenbahn einen glänzenden Seitenwechsel auf rechts, wo Lothar "Wanze" Groß die Flanke auf Lorenz Horr schlug, der den Ball geschickt annahm und auf Arno Steffenhagen weiterspielte. Dessen Flachschuss parierte jedoch der zweifache Nationaltorwart Manfred Manglitz. Die Gäste aus dem Rheinland waren stets gefährlich: Carl-Heinz Rühl, Bernd Rupp, Wolfgang Overath und Hannes Löhr forderten die starke Berliner Hintermannschaft mehrfach. In der 24. Minute hatten die Herthaner Glück, denn nur der Außenpfosten verhinderte den Rückstand.

Manglitz nicht zu überwinden

Nach einer halben Stunde verzeichnete Hertha BSC seine beste Chance. Hans-Joachim Altendorff zog aus über dreißig Metern Torentfernung einfach ab und schoss den Ball mit viel Wucht und Präzision in Richtung Kölner Tor, doch Manglitz lenkte mit einer Weltklasseparade zur Ecke. Nur wenige Augenblicke später stand Manglitz wieder im Mittelpunkt. Bei einem Flankenball stieg der FC-Keeper gemeinsam mit Lorenz Horr in die Luft und packte sicher zu. Doch Horr sank unter Schmerzen zu Boden. Bei der Aktion verletzte sich der Berliner schwer (Schultereckgelenkssprengung) und musste ausgewechselt werden. Für Horr kam der 32-jährige Routinier Franz Brungs auf den Platz.

Das schwungvolle Spiel von Hertha erlitt durch die Auswechslung einen leichten Dämpfer, doch die Kölner wussten diese Schwächephase nicht zu nutzen, sodass es torlos in die Pause ging. Der Pausentee tat den Blau-Weißen sichtlich gut, denn sie starteten nach dem Wiederanpfiff mit vollem Tatendrang und setzten zu einen Sturmlauf auf das Gästetor an. In der 53. Spielminute herrschte große Konfusion im FC-Strafraum: Wolfgang Gayer schoss aus wenigen Metern Torentfernung, Manglitz lenkte den Ball an den Pfosten, Brungs stand beim Abpraller goldrichtig und setzte seinen Nachschuss hinterher. Doch wieder war es Manglitz, der nicht zu überwinden war.

Gayer trifft zum erlösenden 1:0

Aber die Herthaner ließen nicht locker und setzten die "Geißböcke" weiter unter Druck. Manglitz diskutierte noch ausgiebig mit Schiedsrichter Alfons Betz über dessen Entscheidung bezüglich des achten Eckballs der Berliner, den Steffenhagen schnell ausführte und in die Mitte flankte, wo Gayer unbewacht wartete, dem heranfliegenden Ball entgegensprang und ihn auf das Tor köpfte. Manglitz reagierte zu spät und es stand endlich 1:0 für Hertha BSC. Das prall gefüllte Olympiastadion bebte!

Zunächst gelang es den Herthanern noch, die Führung sicher zu verwalten, doch in der letzten Viertelstunde setzte Köln zur Schlussoffensive an. Löhr beförderte einen Kopfball auf das Hertha-Tor, Rupp ging im Strafraum gegen Wild zu Boden, doch der Elfmeterpfiff blieb aus, und schließlich tauchte Rupp noch einmal alleine vor Gernot Fraydl auf, der aus seinem Tor kam und dem Kölner Angreifer den Ball abgrätschte. Die Hausherren verschafften sich nur noch mit Kontern und Distanzschüssen Luft. Als dann der herbeigesehnte Schlusspfiff ertönte, kannte der Jubel im Olympiastadion keine Grenzen mehr. Hertha BSC verbrachte die Nacht zum 27. Geburtstag des verletzt ausgeschiedenen Horr auf dem zweiten Tabellenplatz.

Historische Einordnung:  Hertha BSC spielte 1969/70 eine gute Hinrunde und wurde nach der Winterpause sogar zur stärksten Mannschaft der Rückserie, sodass am Ende ein herausragender dritter Tabellenplatz heraussprang - dem bis dahin mit Abstand besten Saisonabschluss der Herthaner seit Bestehen der Bundesliga. Der Rekord von 88.075 zahlenden Zuschauern hat auch bis zum heutigen Tage Bestand!

Stimmen zum Spiel:

"Bei Steffis Eckball dachte ich, als Weber und Brungs nicht an das Leder herankamen, jetzt oder nie und flog in den Ball hinein. Wenn der Manglitz den auch noch gehalten hätte... Aber zum Glück hat er nicht." (Wolfgang Gayer - Herthas Torschütze)
"Es war schön, vor einer solchen Kulisse spielen zu dürfen." (Wolfgang Overath - Spieler vom 1. FC Köln)
"Ich bin glücklich wie ein Schuljunge." (Wolfgang Holst)
"Hoffentlich ist der Lorenz Horr bald wieder dabei. Es tut mir leid, aber wir waren beide im Sprung, ich konnte nichts dafür. Ich glaube Hertha wird im Olympiastadion - übrigens ein tolles Publikum - kaum ein Spiel verlieren." (Manfred Manglitz - Torwart vom 1.FC Köln)

Das Spiel im Stenogramm:

Termin: 26. September 1969, Freitag, 20.00 Uhr
Wettbewerb: 1. Bundesliga, Saison 1969/1970, 6. Spieltag

Aufstellungen:
Hertha BSC:
Gernot Fraydl - Peter Enders, Lothar Groß, Bernd Patzke, Uwe Witt - Hans-Joachim Altendorff (80. Hermann Bredenfeld), Wolfgang Gayer, Tasso Wild - Lorenz Horr (34. Franz Brungs), Werner Ipta, Arno Steffenhagen
1. FC Köln: Manfred Manglitz - Peter Blusch, Matthias Hemmersbach, Wolfgang Weber - Werner Biskup (87. Wolfgang Riemann), Heinz Flohe (77. Karl-Heinz Thielen), Wolfgang Overath, Heinz Simmet - Hannes Löhr, Carl-Heinz Rühl, Bernd Rupp

Tor: 1:0 Gayer (63.)
Gelbe Karten: Fehlanzeige

Schiedsrichter: Alfons Betz
Spielort: Olympiastadion, Berlin
Zuschauer: 88.075

(war/dpa)

von Hertha BSC