
Die Füße sprechen lassen
Die Füße sprechen lassen

Berlin - Niederländisch, Japanisch, Englisch, Französisch, Portugiesisch, Slowakisch, Norwegisch und Deutsch – in den Reihen der Herthaner gibt es eine ganze Palette verschiedener Sprachen. Wie schafft man es da, auf dem Platz zu kommunizieren? Cheftrainer Jos Luhukay gab die verbale Marschroute bereits in der Saisonvorbereitung vor: "Unsere Amtssprache ist deutsch. Wir spielen für einen deutschen Verein, in der deutschen Bundesliga – insofern ist es logisch, dass alle - Trainer und Spieler - sich dem anpassen und die Sprache schnellstens lernen müssen. Das ist für eine Integration und Identifikation wichtig."
Vor allem für die Neuzugänge, die eine andere Nationalität haben und nicht des Deutschen mächtig sind, ist die Kommunikation auf dem Platz anfangs kompliziert. Im Sommer 2014 stießen wieder einige neue Spieler zum Team von Jos Luhukay: John Heitinga, Roy Beerens, Salomon Kalou und Genki Haraguchi waren diejenigen, die die Sprachbarriere überwinden mussten. Logischerweise bekamen sie dabei alle Unterstützung, die sie brauchten, um ihnen die Eingewöhnung so angenehm wie möglich zu machen.

Die holländisch-deutsche Vokabelliste
Die Holländer-Fraktion in den Reihen von Hertha BSC erhielt beispielsweise eine Starthilfe der besonderen Art: Da sowohl Cheftrainer Jos Luhukay als auch sein Assistenztrainer Rob Reekers Landleute sind, erstellten sie ihren beiden Schützlingen im ersten Trainingslager im Sommer eine Vokabelliste mit 30 Begriffen auf Deutsch und auf Holländisch. "Die kann ich alle!", versichert John Heitinga. Anstatt "Buitenspiel" oder "Tijd", sagt das Duo Heitinga-Beerens jetzt also "Abseits" und "Zeit".
Die übrigen Wörter, die man öfter über den Schenckendorffplatz hallen hört und mit denen sich die Spieler gegenseitig coachen, sind laut Heitinga "die ganz normalen Fußballbegriffe, die es in allen Sprachen gibt und die auch überall die gleichen sind." Die Nummer fünf der Herthaner muss es ja wissen, schließlich war er in seiner Karriere nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Spanien und England aktiv. "Dreh und Klatsch, Dreh auf, nach vorne, nach hinten", das sind die Worte von denen Heitinga spricht. Dem Innenverteidiger ist das Erlernen der neuen Sprache leicht gefallen, da seine Muttersprache dem Deutschen sehr ähnlich ist. "Johnny" betont, dass die Kommunikation auf dem Platz von großer Bedeutung ist: "Nicht alle Fußballer können die Sprache, aber es macht den Fußball einfacher, wenn man auf dem Platz miteinander spricht."

Fußballer verständigen sich mit dem Ball
Einer, der da eine völlig andere Ansicht hat und lieber seinen starken linken Fuß sprechen lässt, ist Ronny. Wie viele andere Fußballer auch behauptet der Brasilianer, es sei oftmals gar keine Sprache notwendig, denn die "Fußballersprache" bekäme jeder in die Wiege gelegt. So wird in den Situationen auf dem Feld meistens intuitiv entschieden, denn alle gehen schließlich ihrer Lieblingsbeschäftigung nach. "Ich verstehe nicht alles, aber die Fußballer verständigen sich mit dem Ball. Mit Alexander Baumjohann kann ich mich gut unterhalten, weil er portugiesisch spricht", erklärt der Mann mit dem gefürchteten Freistoß. "Wir sprechen mit unseren Füßen, denn wir sind alle Fußballer und verstehen das Spiel", fügt die Nummer 12 der Herthaner hinzu.
Ein halbes Jahr später als Ronny kam der Japaner Hajime Hosogai nach Deutschland in die Bundesliga- ein großer Schritt in einen völlig anderen Kulturkreis. Wenn man den defensiven Mittelfeldspieler fragt, was denn der erste deutsche Begriff sei, der ihm im Zusammenhang mit Fußball beigebracht wurde, muss "Haji" schon ein bisschen überlegen. "Ich glaube, Hintermann war mein erstes Wort, ja… Hintermann", erinnert sich der sympathische Japaner.
Beeinflusst die Position den Wortschatz?
Die Position hat ganz offensichtlich auch Einfluss auf den Wortschatz, den ein Spieler auf dem Platz häufig verwenden muss. Als “Sechser“ im Zentrum wird Hajime Hosogai häufig unter Druck gesetzt und muss immer genau wissen, was um ihn herum gerade passiert und seine Kollegen mit Kommandos unterstützen. “Hintermann“ wird dabei bestimmt nicht selten vorkommen.
Auch Torhüter Rune Almenning Jarstein ist einer, dem aufgrund seiner Position eine ganz besondere und wichtige Rolle zufällt ist. Der Norweger, der Anfang diesen Jahres in die deutsche Hauptstadt wechselte, beschreibt seine Aufgabe folgendermaßen: "Da ich das Spiel von ganz hinten aus sehe, bin ich in der Rolle des Organisators und muss den Kollegen von hinten Hilfestellungen geben." Die Kommunikation zwischen dem Schlussmann und seinen Vorderleuten muss einwandfrei sein, damit es sowohl bei eigenem Spielaufbau als auch auch bei gegnerischen Angriffen zu keinen Missverständnissen kommt.
Dolmetscher und Lehrer aus den eigenen Reihen

"Zurück, Hintermann, rechts, links" – das sind Anweisungen, die der 1,90 Meter große Keeper seiner Abwehrreihe vornehmlich zuruft. "Vor allem meine Kollegen, Thomas Kraft, Sascha Burchert, Marius Gersbeck und natürlich unser Torwarttrainer Richard Golz haben mir geholfen, da ich mir die Ausrufe von ihnen aneigne und sie dann selbst anwenden kann", sagt der norwegische Nationalspieler.
Sein Kollege Peter Pekarik ist einem ehemaligem Mannschaftskameraden aus Wolfsburger Zeiten auch noch sehr dankbar, dass er für ihn den Dolmetscher und Deutsch-Lehrer gegeben hat: „Ich hatte Glück, denn mein Kollege kam aus Tschechien und konnte mir alles übersetzen.“ Man sieht: Es ist nicht immer leicht auf dem Platz zu kommunizieren, wenn man der Sprache der Mannschaftskameraden nicht mächtig ist. Bis es soweit ist kann man aber durchaus auch mal die Füße für sich sprechen lassen.
(jj/citypress)