Damals war's: Der vierfache Goor
Club | 21. August 2013, 17:44 Uhr

Damals war's: Der vierfache Goor

Damals war's: Der vierfache Goor

Es war ein ganz besonderes Spiel gegen den Hamburger SV. Die Hauptrolle spielte Bart Goor.

Berlin- In 120 Jahren Vereinsgeschichte erinnern sich Herthaner an eine Reihe von bemerkenswerten Spielen.  Am 10. März 2002, dem 26. Spieltag der Bundesliga Saison 2000/01, erlebten 36.238 Zuschauer im  Berliner Olympiastadion ein Spiel, dass alle Beteiligten wohl so rasch nicht vergessen würden.

Vorgeschichte: Es war ein kalter Oktobernachmittag als Kurt Jara am 9. Spieltag der Saison 2000/01 am 13. Oktober 2001 das erste Mal auf der Trainerbank der Hansestädter Platz nahm. Zu Gast war die Mannschaft von Hertha BSC, die dem neuen Hamburger Cheftrainer einen Einstand nach Maß bescheren sollte. Am Ende hieß es aus Berliner Sicht 0:4 und es drohte der Absturz ins Mittelfeld der Tabelle. Es war der Tag an dem Jürgen Röber – nach der Heimniederlage gegen Cottbus im August – zum zweiten Mal seinen Rücktritt anbot, der jedoch abgelehnt worden ist. Es war zu allem Überfluss auch der Tag an dem sich Sebastian Deisler verletzte.

Im Rückspiel sollte nun nicht nur alles besser laufen, man gedachte auch sich für die deutliche Niederlage in der Hinrunde zu revanchieren. Die Vorzeichen standen dafür ganz gut. So hatte man die letzten drei Heimspiele gegen den Hamburger Sport Verein für sich entscheiden können und auch der Faktor 'Trainer' sprach für die Berliner: Unter dem neuen Trainer Falko Götz gewann das Berliner Team drei der ersten vier Partien und ging nach einem kleinen Dämpfer beim 1:1 in Köln mit einer breiten Brust in die Partie gegen die Rothosen. Es galt nun mit einem Sieg den Kontakt zu den Champions League-Plätzen zu halten.

Das Spiel: In Ermangelung spielfähiger Verteidiger war Trainer Falko Götz gezwungen den 20-jährigen Mittelfeldspieler Torben Marx in die Startelf zu beordern und statt wie gewohnt mit einer Viererkette nur mit einer Dreierreihe, die Lapaczinski, van Burik und Simunic bildeten, zu spielen. Das System wurde also von einem 4-4-2 auf 3-4-3 umgestellt. Dagegen stand der Hamburger SV nicht wie zuletzt im 3-5-2, sondern im 4-4-2, in dem Roy Präger über links kam und Romeo oft nach innen zog, um dem vorrückenden Roda Antar Platz zu machen. Von Beginn an machten die Berliner deutlich, wer dieses Spiel gewinnen wollte. Es entwickelten sich erste große Chancen von Alex Alves, der freistehend verzog (8.), und Torben Marx (26., an den Pfosten), doch es dauerte bis zur 40. Spielminute bis der heutige Manager Michael Preetz mit seinem Tor zum 1:0 die 36.238 Menschen im Berliner Olympiastadion jubeln ließ.

Fast schon Tradition hatten die Tore von Preetz, wenn die Gäste aus Hamburg in Berlin zu Gast waren und auch dieses Mal sollte er die Erwartungen erfüllen. Nach einer Ecke stocherte er den Abpraller nach Bart Goors Kopfball über die Linie. Sein siebtes Tor gegen den HSV war gleichzeitig sein zehntes in dieser Saison und damit sein 75. Bundesligator überhaupt. Dieses Tor sollte eine Initialwirkung auf das Berliner Team haben. Bart Goor traf zunächst mit einem platzierten und sehenswerten Schuss die Latte, ehe er einen langen Ball über 50 Meter von Dennis Lapaczinski aufnahm, den Hamburger Keeper Martin Pieckenhagen umkurvte und zum 2:0 einschob (44.).

Die Festspiele des Bart Goor

Der Hamburger SV bot bis zum diesem Zeitpunkt nicht den von Kurt Jara angekündigten offensiven Fußball, sondern riskierte nach vorne so gut wie gar nichts. Die Hamburger traten zu dieser Phase des Spiels zu passiv und ohne Aggresivität auf und hielten den Ball nicht lange genug in den eigenen Reihen, um nachrücken zu können. Nach der Partie ließ sich der Trainer der Hansestädter mit den Worten zitieren, „man hätte die Berliner einschläfern wollen und sei selber eingeschlafen“, aber soweit sind wir noch nicht. Den über 3.000 mitgereisten Fans der Hamburger schwante jedoch angesichts der uncouragierten Leistung ihrer Elf schon zur Halbzeitpause Übles. Ihre Sorgen sollten sich in der Folge bestätigen.

Bereits neun Minuten nach dem Wiederanpfiff marschierte Marx rechts durch und flankte auf Höhe der Grundlinie präzise auf Marcelinho, der mit etwas Glück Pieckenhagen durch die Beine schoss und mit dem 3:0 die Partie frühzeitig entschied. Doch die Festspiele eines einzigen Herthaners sollten erst beginnen. Die Hamburger ergaben sich zu dieser Phase des Spiels ihrem Schicksal und so rollte ein Angriff nach dem anderen auf das Hamburger Tor. Erneut war es Goor, der Bekanntschaft mit dem Aluminium machte, dieses Mal war es der Pfosten (58.), bevor er seine starken Leistungen mit einem Traumtor auf Kopfballvorlage von Stefan Beinlich krönte (60.).

Zu einem unvergesslichen Spiel für den sympathischen Belgier wurde es, indem er dem 4:0 in der 85. Spielminute auf Zuspiel von René Tretschok nicht nur das 5:0 folgen ließ, sondern auch noch auf Vorlage von Pal Dardai zum 6:0 traf (90.). Kurz vor dem sechsten Treffer der Herthaner verloren die hilflos über den Platz irrenden Hamburger den zuvor eingewechselten Collin Benjamin, der nach einem Foul die Gelb-Rote Karte sah (87.), was wiederum deren negativen Auftritt krönte. Am Ende stand ein souverän herausgespielter Sieg der spielstarken Berliner gegen ein desolates Hamburger Team, das sich in keiner Phase aufbäumte.

Bildergalerie: Hertha BSC - Hamburger SV

Historische Einordnung: So ein Spiel hat Berlin schon lange nicht mehr gesehen. Es war der höchste Sieg seit dem Wiederaufstieg und der vierte im fünften Spiel unter dem neuen Trainer Falko Götz. Bart Goor erzielte gegen den Hamburger SV vier Tore, was vor ihm erst drei Herthanern (Wolfgang Gayer beim 9:1-Sieg gegen Borussia Dortmund am 18. April 1970, Lorenz Horr beim 6:2-Sieg über Eintracht Frankfurt am 08. Mai 1971 und Erich Beer, nicht nur am 30. August 1975 beim 5:0-Sieg gegen Bayer Uerdingen, sondern auch beim 6:2-Sieg gegen Hannover 96 am 04. Oktober 1975) in der Bundesliga gelang.

Nach diesem deutlichen Sieg blieb Hertha zwar auf dem sechsten Platz, doch hatte man den Anschluss an die Champions-League-Plätze gefunden – es fehlten nur noch vier Punkte, die man allerdings bis zum Saisonende nicht mehr aufholen sollte. Am Ende der Saison 2000/01 belegte man Platz vier.

Die Statistik zum Spiel:

Termin: Sonntag, 10.03.2002, 17.30 Uhr
Wettbewerb:
1. Bundesliga, Saison, Saison 2001/2002, 26. Spieltag

Aufstellungen:

Hertha BSC: Kiraly – Simunic, van Burik, Lapaczinski – Beinlich (83. Tretschok), Dardai, Marcelinho, Goor, Marx  (77. Konstantinidis) –Alves, Preetz

Hamburger SV: Piekenhagen – Fukal, Hertzsch (35. Benjamin), Hollerbach, Hoogma, Ujfalusi – Albertz, Antar, Wicky – Präger, Romeo

Tore: 1:0 Preetz (40.), 2:0 Goor (44.), 3:0 Marcelinho (54.), 4:0 Goor (62.), 5:0 Goor (85.), 6:0 Goor (90.)

Schiedsrichter: Hartmut Strampe (Handorf)

Spielort: Olympiastadion, Berlin

Zuschauer: 36.238

 

von Hertha BSC